Geschichte Archäologen haben Reste früherer Prümer Kirche aus dem 12. Jahrhundert freigelegt

Prüm · Prüm Lars Blöck ist keiner, der schnell Wallung macht. Aber dieser Satz ist dann doch ein Kracher: "Das ist etwas wahnsinnig Tolles - das kann ich gar nicht richtig in Worte fassen", sagt der Grabungsleiter vom Rheinischen Landesmuseum Trier.

 Von oben wird's klar: die Fundamente des alten Kirchenportals – das hellere Mauerwerk rechts neben der Basilika-Turmspitze. Das klasse Foto machte Stephan Pütz aus Pronsfeld vom Heißluftballon aus. Foto: Stephan Pütz

Von oben wird's klar: die Fundamente des alten Kirchenportals – das hellere Mauerwerk rechts neben der Basilika-Turmspitze. Das klasse Foto machte Stephan Pütz aus Pronsfeld vom Heißluftballon aus. Foto: Stephan Pütz

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Blöck spricht von den jüngsten Funden vor der Prümer Basilika: Die Archäologen legen dort seit Monaten frei, was bisher verborgen blieb. Sie fanden, neben einem Bierkrug aus belgischer Produktion, die Reste eines Kalkofens, allerhand Mauerstücke, Böden, Treppen. Die Vermutung: dass alles von der ehemaligen Abtsburg aus dem 16. Jahrhundert und dem später errichteten Zeughaus stammte. Wobei nicht klar abzugrenzen war, was zu welchem Bauwerk gehörte.
Die aktuellen Ausgrabungen ergeben nun ein klareres Bild: Wir haben es mit drei wesentlichen Bauten zu tun. Und die Archäologen haben tatsächlich die Relikte der früheren - vermutlich zweiten je errichteten - Prümer Abteikirche freigelegt. Sie stammt aus dem Hochmittelalter, dem elften und zwölften Jahrhundert. "Auf jeden Fall ein dickes Ding", sagt Blöck, "und von ganz hochstehender Qualität."
Etliche seiner Archäologen-Kollegen seien ohnehin schon neidisch gewesen: "Was, du darfst in Prüm graben?" Jetzt sind sie es erst recht: Prüm, "das war nicht irgendein Kloster", sagt Blöck. "Sondern eines der allerwichtigsten im fränkischen Reich. Es war das Hauskloster der Karolinger, das ist absolute Reichselite."
Das geht den Abteistädtern runter wie ein top gezapftes Bitburger Pils. Auch der Stadtbürgermeisterin: "Die Leute denken immer: Pöh, Prüm .Aber das ist wirklich toll." "Total begeistert" zeigt sich auch Stadtführerin Monika Rolef.
Toll, ja - und anfangs ein ziemliches Durcheinander, was sich da in der Prümer Erde auftat: "Es ist tatsächlich verwirrend", sagt Blöck. "Das ging uns genauso. Man muss das erst einmal kapieren."
Was die Wissenschaftler bisher kapiert haben, ist das: Die romanische Kirche wurde den Quellen zufolge im 16. Jahrhundert teils abgerissen. Auf Anordnung eines der letzten Prümer Äbte. Die Türme der Kirche, sagt Blöck, "hat man offenbar stehengelassen und dann in die Burganlage integriert" - also in die Residenz des Klosterchefs. Den übrigen Teil der Kirche nutzte man weiter, bis er im 18. Jahrhundert zerstört wurde: "Das waren die Trierer Kurfürsten", sagt Monika Rolef.
Die Turmreste wiederum gingen ins spätere Zeughaus ein. So wurde eben gebaut: Man nahm das Alte und setzte es, sofern möglich, mit dem Neuen zusammen. Oder verwendete Elemente der vorigen Gebäude. Man sieht es an einer Stelle deutlich: Ganz unten ein Stück Säule noch von der abgerissenen Kirche. Darüber: Mauern (Foto unten links). Und deshalb, sagt Lars Blöck, sei so vieles so gut erhalten geblieben. "Weil Elemente von der Kirche später ins Zeughaus integriert wurden."
Das wirft sofort wieder die Frage auf: Was tun mit den Relikten? Darüber, sagt Mathilde Weinandy, soll der Stadtrat entscheiden. Klar ist aber: Eine Glasplatte, unter der die Reste sichtbar blieben, ist nicht zu bezahlen. Und würde die ganze Planung über den Haufen werfen. Eine Mauerecke stehen lassen? Aber welche? Blöck weist darauf hin, dass sie dann dem Verfall ausgesetzt werde. Es gebe aber eine Reihe von Möglichkeiten, die alte Kirche künftig sichtbar zu machen: "Wir können ein Modell gießen." Auch machbar: Stelen mit Informationstafeln - oder eine Art Schaukasten mit einer dreidimensionalen Rekonstruktion, "in dem man in die Vergangenheit gucken kann".
In der unmittelbaren Zukunft wird Lars Blöck am Mittwoch den Stadtratsfraktionen darlegen, was er bisher gefunden hat und wie er es einsortiert.
Das Thema kommt auch auf die Tagesordnung in der nächsten Ratssitzung mit Hahnplatz-Planer Maik Böhmer: am Montag, 11. September, 18.30 Uhr.Extra: IST DAS DIE PRÜMER GOLDENE KIRCHE?


Haben die Archäologen die frühere "Goldene Kirche von Prüm" gefunden - die diesen Namen hatte, weil sie so reich ausgestattet war? Eher nicht, vermutet Lars Blöck: Seiner Einschätzung nach muss sich die "goldene", also von Berta und Pippin (Eltern Karls des Großen) 752 begründete Kirche noch unter den jetzt gefundenen Resten des hochmittelalterlichen Gebäudes befinden. Einen Hinweis darauf lieferte eine Bodenplatte aus italinenischem Carrara-Marmor, die ebenfalls am Hahnplatz gefunden wurde. Diese stamme nicht von der jetzt freigelegten Kirche. Er muss deshalb noch älter sein.

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