Eine Papst-Wahl ohne Rauch

GEROLSTEIN. 223 Mitbewerber hat er aus dem Rennen geschmissen: Ferdinand Niesen aus Schwirzheim wird ab September neuer Chef der Westeifel-Werke (WEW). Damit tritt der 42-Jährige die Nachfolge von Erwin Görgen an, der nach 25 Jahren an der WEW-Spitze in Ruhestand geht.

"Ich bin mir ganz sicher, dass wir mit Ferdinand Niesen die richtige Wahl getroffen haben", sagte Klaus-Peter Metzger als Vorsitzender des WEW-Verwaltungsrates und der Gesellschafterversammlung über die entscheidung, Ferdinand Niesen zum neuen Geschäftsführer der WEW zu machen. Damit trägt der 42-jährige Diplom-Betriebswirt ab September für 501 behinderte und 167 nicht behinderte Arbeitnehmer an den drei WEW-Standorten Gerolstein, Weinsheim und Hermesdorf die Verantwortung. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von sieben Millionen Euro und einen Überschuss von 324 000 Euro. Amtierender WEW-Chef Görgen ist zufrieden: "Damit sind wir zu 62 Prozent unabhängig vom öffentlichen Topf. Ohne die Leistung der Behinderten, die selbst zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze beigetragen haben, hätten wir das nicht erreicht." Die WEW zählt zu den "Top-Five" der Behinderteneinrichtungen auf Bundesebene. Niesen hat keine Angst, diesen Status zu halten. Mit Verantwortung, großen Zahlen und vielen Beschäftigten kann er umgehen. In den vergangenen sechs Jahren war er Geschäftsführer des Chorus Sicherheitsdienstes in Trier (80 Arbeitnehmer, vier Millionen Jahresumsatz). Davor war er zehn Jahre bei der Firma Vanck in Staffelstein. Dort war er vier Jahre lang Chef der 300 Beschäftigten. Allerdings fällt auf, dass er sich bisher keine beruflichen Sporen in der Behindertenarbeit verdient hat. Niesen: "Ich bin ein klassischer Generalist, und mein Schwerpunkt ist das Miteinander. Ich habe keine Berührungsängste und freue mich auf die Arbeit". Er habe er sich vorher mit dem Thema beschäftigt.Ein offenes Herz für Behinderte

Metzger sieht die WEW auf "viele Schultern verteilt und mit Niesen den sehr wichtigen, betriebswirtschaftlichen Hintergrund erfüllt." In die schwierige Sozialgesetzgebung könne man hineinwachsen. Die Behinderten verliert er dabei keineswegs aus den Augen: "Wir glauben, dass er mit offenem Herzen auf sie zugehen wird." Das Entscheidungsgremium hatte es sich mit dem Auswahlverfahren nicht leicht gemacht. Nachdem Görgen am 24. Oktober 2003 seinen Ausstieg zum 30. September 2004 angekündigt hat, wurde die Stelle öffentlich ausgeschrieben. 224 Bewerbungen wurden von den sechs Entscheidungsträgern unter die Lupe genommen (der TV berichtete). Elf Kandidaten blieben für Vorstellungsgespräche übrig. "In geheimer Abstimmung haben wir uns danach alle für Niesen entschieden", erklärt Metzger. Karl-Heinz Thommes bemerkt schmunzelnd: "Das war wie bei der Papstwahl - nur ohne weißen Rauch". Ende Mai fiel nach einem zweiten Gespräch die endgültige Entscheidung. Ausschlaggebend war neben der beruflichen Qualifikation, der sympathische Eindruck, die Bodenständigkeit und die Mentalität. Am gleichen Tag wie die Bestellung des neuen Geschäftsführers wurde das WEW-Stammkapital von 600 000 Euro auf 1,2 Millionen Euro erhöht. "Mit diesen zwei Dingen haben wir die Weichen für Jahrzehnte gestellt", sagte Metzger.

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