Eingliederung "im Würgegriff"

GEROLSTEIN. Wahlversprechen ansatzweise umgesetzt: Valeri Buchmiller ist seit zehn Monaten als einziger Russlanddeutscher im Gerolsteiner Stadtrat. Im Wahlkampf war er das Aushängeschild der CDU zum Thema Integration. Im Stadtgebiet leben mehr als 1000 Migranten.

"Ich will Brücken zwischen den Kulturen schlagen", sagte der Bundeswehroffizier vor einem Jahr im TV-Interview. Heute sagt der 30-Jährige: "Integration heißt fördern und fordern. Da ist auch Eigeninitiative auf Seiten der Russlanddeutschen gefragt." Als Paradebeispiel führt er das Entstehen der Sportgruppe für jugendliche Aussiedler rund um den Freistilringer Jurij Makarov an (TV berichtete mehrmals). Allerdings steckt er nicht sich dafür die Lorbeeren an den Hut: "Die Gruppe ist Guido Hannawald vom Migrationsdienst zu verdanken. Ich habe sie mehrmals besucht und Spenden organisiert." Direkt und unmittelbar wird Buchmiller, gemeinsam mit Ehefrau und Eltern sowie dem Ehepaar Hannawald - am achten Mai beim Fest der Nationen auftreten. "Da gab es bisher keine russische Beteiligung, und wir werden an einem Stand russische Spezialitäten anbieten", berichtet der gebürtige Kasache, der seit 1991 in Deutschland lebt. Die Vorfreude aufs Multi-Kulti-Fest steht ihm ins Gesicht geschrieben als er Teile der Speisekarte verrät: "Die leckeren Teigtaschen Piroschki und der traditionelle Eintopf Borschtsch." Allerdings wünscht er sich mehr Beteiligung von seinen Landsleuten. Essen, Sport, Musik und Tanz seien ideale Integrationselemente. Sein Traum: eine russische Folkloregruppe. In den beiden russischen Geschäften wird in Gerolstein kräftig fürs Fest der Nationen die Werbetrommel gerührt. Als Vermittler wird Buchmiller immer öfter direkt aus der Bevölkerung angesprochen und als Stadtrat ins Wort genommen. "Werner Burggraf, der zweite Vorsitzende des Männergesangsvereins, hat mich gebeten, Aussiedler anzusprechen, damit sie im MGV mitmachen", erklärt Buchmiller. Bisher sei er bei der Suche nach neuen Mitgliedern noch nicht erfolgreich gewesen. Allerdings sei er bis vor einem Monat beruflich sehr viel unterwegs gewesen. Ohne Sprachkurse im Teufelskreis

"Ich bleibe dran", verspricht er. In zwei anderen Fällen kann der junge Stadtrat Erfolgsmeldungen abgeben. Anwohner des Stausees und des Bahnhofs hatten ihn um Hilfe gebeten. Buchmiller erklärt: "Es gab dort Probleme mit Jugendtreffs und die Anwohner wollten auf dem einfachen Weg statt über die Polizei die Gruppen gesprengt wissen." Seine russischen Sprachkenntnisse halfen ihm. Einen der Jugendlichen kannte er. Nach einem Gespräch seien die "Jugendlichen auf einmal weg" gewesen. Buchmiller gibt sich aber nicht blauäugig: "Wahrscheinlich haben sie sich nur einen anderen Treffpunkt gesucht." Die fehlenden Deutschkenntnisse vieler Migranten und das geringe Angebot an qualifizierten Sprachkursen bemäkelt er: "Sprache ist der Schlüssel zum Leben und ohne Sprachkurse kommen die Aussiedler in einen Teufelskreis. Kein ordentlicher Schul- oder Berufsabschluss und dann auch keine qualifizierte Arbeit." Den Willen zur Integration sieht Buchmiller bei den Aussiedlern als "grundsätzlich gegeben an". Integration und der Abbau von Vorurteilen würden dauern, weil es Prozesse seien, bei denen beide Seiten gefragt seien. Gerald Schmitz, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes, sagt abschließend: "Wir haben die Brücken schon lange geschlagen. Valeri wird in der Fraktion nicht als Aussiedler betrachtet. Er ist unser Pressesprecher, und es gibt keine Probleme." Dienstags und freitags treffen sich die Freistilringer von 15.30 Uhr bis 18 Uhr in der Turnhalle des Sankt Matthias Gymnasiums. Gesucht werden dafür noch Jugendliche ab zwölf Jahren.

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