Erst hü, dann hott

LISSENDORF/DAUN.Erst ein Ja und dann ein Nein: Existenzgründerin Bettina Spange bietet moto-therapeutisches Reiten an. Doch die Behörden verweigern ihr jetzt – trotz anfänglicher Zusage – die finanzielle Unterstützung für kranke Kinder, die sie in dem Projekt betreut. Der Grund: Ihr fehle eine Bescheinigung. Dabei hat Bettina Spanger ihren Abschluss mit "sehr gut" gemacht.

Bettina Spanger bietet seit Februar moto-therapeutisches Reiten im Reitstall in Lissendorf an. Die ausgebildete Erzieherin und Reittherapeutin, die auch einen Abschluss als Sozialfachwirtin hat, machte sich mit dem Angebot selbstständig. Das therapeutische Reiten ist "mit einem ganzheitlichem Ansatz für Körper, Geist und Seele statt der üblichen Drei-Gliederung der Reittherapie in Hippo-Therapie, heilpädagogisches Reiten oder als Sportart für Behinderte", erklärt Spanger. Dafür hat sie sich Therapiepferd "Rowdy" angeschafft. Spanger erhält vom Arbeitsamt bis Juli als Starthilfe Überbrückungsgeld. Auch vom Jugendamt kam zunächst grünes Licht, nach dem ersten Anruf dort machte sie zuversichtlich Werbung. Und schnell fanden sich fünf Kinder. "Vier von ihnen haben einen sonderpädagogischen Platz in integrativen Einrichtungen im Kreis. Deshalb stellten sie die Anträge", sagt die Reittherapeutin. Doch jetzt kommen der 29-Jährigen behördliche Schwierigkeiten in den Weg, die böse Überraschung kam unverhofft. "Ich verstehe das alles nicht. Vor Monaten habe ich beim Jugendamt angerufen, und mir wurde gesagt, der Ausbildungsnachweis zum therapeutischen Reiten würde ausreichen. Mein Diplom als Erzieherin bräuchte ich nicht vorzulegen. Die Kinder sollten einfach einen formlosen Antrag auf Förderung stellen", berichtet Bettina Spanger. Sie sei "wie vor den Kopf geschlagen gewesen", als die negativen Antworten kamen: Die Notwendigkeit der Therapie solle geprüft werden. "Außerdem steht in den Schreiben, meine Qualifikationen sei unzureichend. Das ist schlichtweg falsch und geschäftsschädigend", schimpft Spanger. Lydia Senft, Mutter des schwer behinderten Dominik, sagt dazu: "Das Jugendamt legt einem immer Steine in den Weg. Dabei habe ich dem Antrag einen Bescheid der Kinderärztin beigefügt. Sie befürwortet die Reittherapie." Ihrem sechsjährigen Sohn hätte die Therapie sehr gut getan. "Er hat Gleichgewichtsübungen geschafft, die er sonst nicht hinbekommt", berichtet Senft. Für Ende des Monats hat sie, auf Geheiß des Jugendamts, einen Termin im Sozialpädiatrischen Zentrum in Trier. So soll die Notwendigkeit diagnostiziert werden. Heinz-Peter Hoffmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung, erklärt: "Wir müssen eine Messlatte bei den Anbietern von Therapien anlegen. Wir halten eine heilpädagogische Ausbildung für notwendig. Und die hat Frau Spanger nicht." Peter Krauthausen, zuständiger Referent im Landesjugendamt, erstellt sich auf die Seite der Behörde: "Das Jugendamt trägt die Verantwortung. Allerdings gibt es keinen klaren Katalog für die Voraussetzungen, eine Therapie anbieten zu können. Ich halte aber auch eine heilpädagogische Ausbildung für sinnvoll." Bettina Spanger selbst hatte sich in der Angelegenheit auch beim Landesjugendamt informiert und erfahren, dass "es Ermessenssache sei". Rückblickend sagt sie: "Irgendwas läuft da komisch. Hätten sie mich geprüft, hätten sie gesehen, dass ich fürs moto-therapeutische Reiten ein Zeugnis mit dem Abschluss ,sehr gut' habe." Spanger gehört zu einem sechsköpfigen Team, das Therapiereiten mit ganzheitlichem Ansatz von Frankfurt bis eben Lissendorf anbietet. Den Patienten ihrer Kollegen würden die Beihilfen von den jeweiligen Jugend- und Sozialämter bezahlt. Mittlerweile hat sie neue Patienten gefunden - alle aus dem Kreis Euskirchen, wo auch eine Lebenshilfe-Einrichtung ist. Janine Savelsberg kommt mit ihrer schwerstbehinderten Tochter Sarah und ist begeistert: "Sarah hat sehr feine Antennen und fühlt sich sehr wohl hier. Frau Spanger hat ein Händchen für behinderte Kinder. Das kann ich aus neunjähriger Erfahrung mit vielen Therapeuten beurteilen." Sarah könne nicht reden, aber sie juchze schon, sobald sie im Hof des Reitstalls ankommt.Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Mailen Sie uns Ihr Thema an thema@volksfreund.de

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