Erst kommt der Käfer, dann die Kettensäge

GEROLSTEIN. Baumsterben in der historischen Anlage im Innenstadtbereich, genauer dem Außengelände des Kindergartens "Lindenanlage": Etwa ein Drittel der Bäume ist nach Meinung der Forstexperten nicht mehr zu retten. Die Stadtverwaltung lässt die Kindergartenleitung über Sicherungsmaßnahmen bisher im Unklaren.

"Die Ulmen sind vom so genannten Ulmensplintkäfer befallen und nicht mehr zu retten. Außerdem sind die Buchen zum Teil innen hohl", beschreibt Wolfgang Witzel, Leiter des Gerolsteiner Forstamtes, die aktuelle Situation. Etwa ein Drittel des Baumbestandes ist betroffen. Witzel bedauert: "Das sind die markantesten Bäume, die das Flair der Anlage ausmachen".Kindergartenleitung ist nicht informiert

Schon in den Sommerferien, als der Kindergarten zwei Wochen geschlossen war, wurden im Zuge weiterer Fällarbeiten im Stadtzentrum zwei Ulmen unmittelbar vor der Einzäunung gefällt. Vorher wurde Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz zum Ortstermin gebeten. Schwartz: "Am 16. August haben wir wegen der Sicherungspflicht der Fällung zugestimmt". Weitere Rodungsaktionen würden im Forst-, Wege- und Umweltausschuss Ende September besprochen. Witzel vermutet, dass die Arbeiten im Winter ausgeführt werden. Ob Neuanpflanzungen die Lücken schließen sollen, sei noch zu beschließen. Bisher wurde die Kindergartenleitung nicht über die Veränderung des Außengeländes unterrichtet. Leiterin Ulrike Scheidtweiler betont: "Wir wissen nur das, was der TV uns gesagt hat". Das Kindergartenpersonal plädiert zwar für Sicherheit, bedauert aber eventuelle Einbußen des unverwechselbaren Ambientes des schönen Naturaußengeländes. Ulrike Scheidtweiler: "Aber auch da hat die Medaille zwei Seiten. Im Sommer hätten wir weniger Schatten und im Winter mehr Licht". Derzeit besuchen 135 Kinder den Kindergarten "Lindenanlage". Täglich toben sie draußen, springen über Baumwurzeln, sammeln Laub und Kastanien, beobachten Eichhörnchen oder klettern auf Felsen. Stadtbürgermeister Schwartz will diesen Natur-Spielraum nur, soweit die Sicherheit es fordert, verändern. Er verspricht: "Die Experten entscheiden, welcher Baum weg muss. Es wird garantiert keinen Kahlschlag geben. Außerdem machen wir uns die Entscheidung nicht leicht". Forstamtsleiter Witzel hat noch weiteren Stellen im Auge, wo den Ulmen mit der Kettensäge der Garaus gemacht werden soll. Witzel: "Auch die Ulmen-Kleinstbestände an den Birresborner Eishöhlen, der Kasselburg und unterhalb der Dolomitenfelsen sind massiv vom Ulmensplintkäfer befallen". Dieser "europaweite Trend" würde eben auch vor der Eifel nicht Halt machen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Fälle in Holland bekannt. Dann hielt der Parasit in ganz Europa Einzug. Der Ulmensplintkäfer bringt den Pilz Ceratoystis unter die Rinde der Bäume ein. Jeder Käfer schleppt bis zu einer Million der klebrigen Pilzsporen in einen gesunden Baum, der nach dem Befall nicht mehr zu retten ist. Eine sichere Bekämpfung der Krankheit, beispielsweise mit einer Chemo-Keule, ist bis heute nicht gefunden worden.

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