"Es ist zum Heulen"

MÜRLENBACH. 25 Mitarbeiter haben durch die Schließung des Birresborner Phönix Sprudels ihren Job verloren. Einer von ihnen ist Georg Becker, der mit Frau Michaela und Töchterchen Carina in Mürlenbach wohnt. Der TV begleitet die Familie in den nächsten, schwierigen Tagen, in denen es um ihre Zukunft geht.

"Das ist wie ein böser Traum. Ich denke immer noch, da kommt gleich einer und sagt, dass er uns nur schocken wollte", sagt Georg Becker kopfschüttelnd. Der 41-jährige Maschinenschlosser ist auch fünf Tage, nachdem die Geschäftsführung die Schließung des Birresborner Phönix Sprudels bekannt gegeben hat, noch immer fassungslos. Auch Ehefrau Michaela versteht die Welt nicht mehr.Am Dienstagmorgen verließ ihr Mann wie immer das Haus und fuhr zum Birresborner Sprudel, seinem Arbeitgeber seit acht Jahren. "Aber schon um 7.45 Uhr rief er an und sagte: Hier ist was ganz Komisches los", erinnert sich die 29-Jährige.Ihr Mann berichtete, dass die Maschinen abgestellt werden mussten und dem Stapelfahrer verboten worden war, einen Kunden-Laster zu beladen. "Dabei hatten wir montags noch die Bänderketten für den Flaschentransport an der Füllanlage erneuert und in der Halle Renovierungsanstriche erledigt. Das passt doch alles nicht zu einer Schließung."Seine Ehefrau meint: "Das Komische ist doch, dass keiner was vorher mitgekriegt hat." Georg Becker erinnert sich an die Betriebsversammlung, die an diesem Morgen um 10 Uhr stattfand: "Die ersten Gefühle waren Schock und Wut auf die Firma, die angeblich das Erdreich versaut hat." Um 10.30 Uhr rief er seine Frau ein zweites Mal an. Ihre ersten Gedanken: "Das sind nicht die wahren Gründe, sondern nur vorgeschobene."Beim Mittagessen, zu dem Georg Becker in der Pause nach Hause kommt, wird kaum geredet. "Es war bedrückend still. Mein Mann sagte: Es ist mir zum Heulen, aber ich kann nicht", berichtet Michaela Becker. Den ganzen Nachmittag grübelte sie: "Hier steht ein Haus, das muss alles weitergehen. Zum Jahresende hin wird es schwierig werden, neue Arbeit zu finden." Ihre Gedanken und Sorgen behält sie vorläufig für sich. Sie will ihren Mann nicht noch mehr entmutigen. Erst später reden sie darüber.Am Mittwoch nächste Betriebsversammlung

2000 haben sie das neue Haus gebaut, 2001 ist die junge Familie eingezogen. Töchterchen Carina geht in den Birresborner Kindergarten, Michaela Becker arbeitet vormittags als Bürokauffrau in Prüm. "Nur mit dem Arbeitslosengeld werden wir nicht hinkommen", meint Georg Becker. Die Fixkosten seien zu hoch. Außerdem seien zwei Autos zu unterhalten, die beide für die Fahrten zur jeweiligen Arbeitsstelle auch bräuchten. Ob Michaela Becker vorübergehend auf eine Vollzeitstelle aufstocken kann, ist unklar."Unsere gesamte Verwandtschaft ist von der Schließung betroffen", erklärt der Maschinenschlosser. Der Bruder seiner Frau sowie drei Vettern - alle verdienen ihren Lebensunterhalt beim Birresborner Sprudel. Michaela Becker erklärt: "Mein Bruder hat auch neu gebaut und drei Kinder, ebenso ein Vetter, der zwei Kinder hat. Einem Vetter wurde am vergangenen Dienstag das Haus überschrieben. Der erlebte, als er vom Notartermin in den Betrieb kam, eine böse Überraschung."Die meisten Angestellten seien über die Informationspolitik im Betrieb enttäuscht. Georg Becker: "In der Zeitung standen viel mehr Hintergrundinformationen, als wir im Betrieb erfahren haben. Ich habe von den Vorgängen in den vergangenen vier Monaten nichts mitbekommen."Sein einziger Lichtblick momentan ist Töchterchen Carina. "Ich denke nicht, wie geht es irgendwann weiter, sondern wie geht es morgen weiter. Am liebsten wäre mir allerdings, es wäre schon Mittwochmorgen, 9 Uhr, damit man mehr wüsste." Dann ist die nächste Betriebsversammlung. Gesprochen wird über Sozialpläne, Abfindungen und Kündigungsfristen.

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