"Es muss Tacheles geredet werden"

Enttäuschung, Verärgerung und eine ungewisse Zukunft: Nach der erfolglosen Ortsbürgermeisterwahl in Dreis-Brück (der TV berichtete) droht nach Ansicht einiger Gemeinderatsmitglieder zumindest bis zur Kommunalwahl Stagnation.

Dreis-Brück. Jürgen Jostock ist verärgert: Das langjährige Mitglied des Ortsgemeinderats Dreis-Brück hatte noch in der jüngsten Sitzung des Rates, nachdem die Ortsbürgermeisterwahl erfolglos verlaufen war, seinen Rücktritt angekündigt.

Zunächst hatte der Erste Beigeordnete Helmut Sicken in der Sitzung überraschend seine Kandidatur zurückgezogen, anschließend stellte sich die Zweite Beigeordnete Wilma Müsseler, Jostocks Schwester, zur Wahl und bekam zweimal keine Mehrheit. Somit steht die Doppelgemeinde nach dem Rücktritt von Alt-Ortschef Gerd Schneider weiterhin ohne Ortsbürgermeister da. Der hatte sein Amt am 31. Mai dieses Jahres wegen Untreue-Vorwürfen und Anfeindungen in Zusammenhang mit dem Kauf eines Wohnmobils vor rund 20 Jahren niedergelegt.

Im TV-Gespräch legt Jostock nun detailliert die Gründe für seinen Rücktritt dar: "Ich bin maßlos darüber enttäuscht, dass Herr Sicken fünf Minuten vor der Sitzung bekannt gegeben hat, dass er nun doch nicht kandidiert - ohne dem Gemeinderat vorher eine Erklärung abzugeben. So kann man im Gemeinderat nicht zusammenarbeiten. Deshalb auch mein Rücktritt."

Die Wahlniederlage für seine Schwester sei demnach nicht ausschlaggebend gewesen. Jostock berichtet weiter, dass er Sicken mitgeteilt habe, seine Schwester zwar zu unterstützen, "ich habe aber auch ihm, falls er Ortsbürgermeister wird, ebenfalls 100-prozentige Unterstützung zugesagt".

Die Zukunft des Dorfes hält er aus mehreren Gründen für "schwierig". Erstens habe Alt-Ortsbürgermeister Schneider "noch eine hohe Akzeptanz im Ort, weshalb es nicht leicht sein wird, einen Nachfolger zu finden, der akzeptiert wird". Laut Jostock hätte Sicken es gekonnt, sich nun aber selbst diskreditiert. Zweitens werden einige der aktuellen Ratsmitglieder laut Jostock bei der Kommunalwahl nicht mehr antreten, und drittens sei die ohnehin nicht gute Stimmung nach dem jüngsten Wahldebakel im Keller. Auf die Frage, wie es nun weitergehen könne, wusste auch er spontan keine Antwort.

Seine Schwester Wilma Müsseler, die seit 19 Jahren im Ortsgemeinderat sitzt, weiß ebenfalls kein Patentrezept. Vielleicht müsse sich künftig jeder selbst ein wenig zurücknehmen, damit es nicht mehr in erster Linie um persönliche Dinge, sondern ums Dorf gehe, sagt sie.

Vor allem aber fordert sie eine klare Aussprache im Rat: "Zwischen den zwei Lagern muss Tacheles geredet werden, denn es kann nicht sein, dass bis zur Kommunalwahl im Juni 2009 nichts mehr im Dorf passiert." Denjenigen, die Alt-Ortsbürgermeister Schneider nach wie vor akzeptieren, steht die Riege der Gegner gegenüber.

Sie selbst habe Helmut Sicken gestern angerufen und ihm mitgeteilt, "dass ich seinen plötzlichen Rückzieher nicht in Ordnung finde und dass er mit mir als der Zweiten Beigeordneten hätte vorher sprechen müssen". Dieser Tage soll es ein klärendes Gespräch zwischen den beiden geben.

Angesprochen auf ihre zweifach Wahlniederlage, sagte Wilma Müsseler: "Was heißt da enttäuscht? Es war abzusehen, und ich muss es akzeptieren. Ich bin aber davon überzeugt, dass meine Wahl gut für den Ort gewesen wäre - zumindest, um Ruhe ins Dorf zu bringen."

Genau aus diesem Anlass - und, weil sie von einigen Leuten darum gebeten worden sei - "habe ich bereits vor Wochen meine Kandidatur bekannt gegeben".

Den Wahlabend empfand sie als eine "peinliche Vorstellung für den gesamten Rat". "Und es gibt einige, die sehr sauer sind, wie das alles abgelaufen ist", sagt die 54-Jährige.

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