Finanzspritze mit Spätfolgen

Unruhe in Dreis-Brück: Ortsbürgermeister Gerd Schneider ist nach 19 Jahren Amtszeit zurückgetreten. Möglicher Hintergrund: Der ehemalige Jagdpächter behauptet, er habe für seine Pachtverlängerung "unter der Hand" 10 000 Mark für ein Wohnmobil des Ortschefs zahlen sollen. Eine entsprechende Quittung von 1994 ist nun aufgetaucht, Schneider bestreitet die Vorwürfe.

 Diese Quittung sorgt in Dreis-Brück für viel Aufregung. Sie besagt, dass der ehemalige Jagdpächter 10 000 Mark an eine Remscheider Firma gezahlt hat – für einen „Zahlungsausgleich Reisemobil Schneider“.TV-Foto: Gaby Vogelsberg

Diese Quittung sorgt in Dreis-Brück für viel Aufregung. Sie besagt, dass der ehemalige Jagdpächter 10 000 Mark an eine Remscheider Firma gezahlt hat – für einen „Zahlungsausgleich Reisemobil Schneider“.TV-Foto: Gaby Vogelsberg

Dreis-Brück. "Hier herrscht Bürgerkrieg", behauptet ein Einwohner. "Ich sage nichts", winkt ein anderer ab: Namentlich will kaum jemand mit dem Rücktritt von Ortsbürgermeister Gerd Schneider in Zusammenhang gebracht werden. Helmut Sicken, Erster Beigeordneter, relativiert: "Es ist eine angespannte Situation, weil Herr Schneider keine konkrete Erklärung zum Rücktritt abgegeben hat." Auch gegenüber unserer Zeitung verhält sich der pensionierte Bezirks-Schornsteinfegermeister zurückhaltend. Er sagt nur: "Eine weitere Auseinandersetzung ist aus familiären und gesundheitlichen Gründen unzumutbar." Deshalb sei er zurückgetreten. Er beteuert aber: "Die Vorwürfe sind unberechtigt."Was war passiert? Beim Umbau der Jagdhütte war im vergangenen Jahr eine Quittung vom 25. April 1994 gefunden worden. Sie besagt, dass der ehemalige Jagdpächter einer Remscheider Firma 10 000 Mark gezahlt hat - für einen "Zahlungsausgleich Reisemobil Schneider". Der Ex-Pächter (1982 bis 2006) erklärt: "Ich habe die 10 000 Mark gezahlt, damit die Pacht nach zwölf Jahren ohne Ausschreibung verlängert wird. Das Geld war als Spende fürs Dorf gedacht." Auf Anweisung des Ortsbürgermeisters, behauptet der Ex-Jagdpächter weiter, habe er das Geld dann an besagte Firma gezahlt.

Die Sache gelangte erst mit Auffinden der Quittung ans Licht. Wenig später erklärte Werner Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daun (der derzeit in Urlaub ist), die Angelegenheit für erledigt. Ohne Konsequenzen.

In der Doppelgemeinde brodelt es aber weiter. Der Ex-Pächter, der zunächst eine Stellungnahme abgelehnt hatte, wandte sich in diesem Frühjahr dann aber an die Kreisverwaltung. "Weil das Geplänkel im Dorf bedrohliche Ausmaße annahm", sagt er. Es kam zum Vier-Augen-Gespräch zwischen dem Ex-Jagdpächter und Kreisdezernent Berthold Schmitz, der das inzwischen eingeleitete Disziplinarverfahren gegen Schneider leitete. Schmitz erklärt: "Aufgrund des Rücktritts ist das Verfahren inzwischen eingestellt." Denn tritt ein "Ehrenbeamter" zurück, hat die Kommunalaufsicht keine Handhabe mehr, disziplinar-rechtliche Maßnahmen zu ergreifen.

Angesprochen auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe fügt Büroleiter Helmut Klassmann hinzu: "Wir haben keine Verpflichtung, Anzeige zu erstatten." Theoretisch bestehe zwar diese Möglichkeit, üblicherweise werde der Staatsanwalt aber nur in "besonders schweren Fällen" angerufen. Und: Der Straftatbestand der Veruntreuung ist ebenso wie der der Bestechung nach fünf Jahren verjährt.

Auf die Frage, ob Schmitz Schneider zum Rücktritt geraten hat, sagt der Dezernent: "Kein Kommentar." Vielmehr versprüht er Zweckoptimismus: "Ich hoffe, dass jetzt endlich Ruhe in die Doppelgemeinde einkehrt. Es muss ein Neuanfang gemacht werden."

Angesprochen auf die vakante Stelle des Ortsbürgermeisters sagte der Erste Beigeordnete Sicken: "Ich stehe zur Verfügung, gebe aber keine offene Bewerbung für die Restzeit von neun Monaten bis zur Kommunalwahl 2009 ab." Da sich bis zum Stichtag kein Kandidat gemeldet hat, wählt der Rat den Nachfolger.

KommentarLückenlos aufklären

Die Vorwürfe des ehemaligen Jagdpächters gegen den zurückgetretenen Ortsbürgermeister von Dreis-Brück, Gerd Schneider, wiegen schwer. Sich persönlich um 10 000 Mark bereichert zu haben - ob mit Geld, das als Spende fürs Dorf gedacht war oder als Gegenleistung für eine Gefälligkeit - ist, wenn es sich als wahr erweist, weit mehr als ein Kavaliersdelikt. Der erfolgte Rücktritt wäre dann zwar die logische Konsequenz, die Angelegenheit damit aber noch nicht vom Tisch. Selbst wenn sie juristisch verjährt wäre. Denn solange der gesamte Vorgang nicht lückenlos aufgeklärt ist, wird es keine Ruhe im Dorf geben. Daher ist es am ehemaligen Ortsbürgermeister, sich zu äußern und die offenen Fragen zu beantworten. Schließlich hat ein Ortsbürgermeister als sogenannter Ehrenbeamter auch eine Vorbildfunktion. m.huebner@volksfreund.de

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