Flüchtlingshilfe reißt Löcher in die Kassen

Wittlich/Daun/Bitburg · Die steigende Zahl der Flüchtlinge stellt die Landkreise vor eine Herausforderung - auch finanziell. Daran wird auch die geplante Aufstockung der Zuwendung durch den Bund nichts ändern. Der Kreis Bernkastel-Kues blieb beispielsweise bereits 2014 auf fast einer Million Euro sitzen - Tendenz steigend. In der Vulkaneifel und im Eifelkreis Bitburg-Prüm sieht es nicht besser aus.

 Das Geld, das das Land für Flüchtlinge bereitstellt, reicht nicht. Die Kosten tragen die Kreise. TV-Foto: Klaus Kimmling

Das Geld, das das Land für Flüchtlinge bereitstellt, reicht nicht. Die Kosten tragen die Kreise. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (m_kreis )

Wittlich/Daun/Bitburg. Der Zustrom an Flüchtlingen reißt nicht ab. Die Zahlen werden fast täglich nach oben korrigiert. Zahlen, die erst einmal abstrakt sind. Doch die hilfsbedürftigen Menschen sind längst auch in Eifel und Mosel angekommen. Das stellt auch die Landkreise vor eine Herausforderung - vor allem finanziell. Denn diese Einschätzung teilen alle Kreise - ob Bernkastel-Wittlich, Vulkaneifel wie auch Bitburg-Prüm - das Geld reicht hinten und vorne nicht.Defizite im Millionenbereich


Verena Daun, Sprecherin des Vulkaneifelkreises, rechnet vor: Aktuell erhält der Kreis vom Land 512 Euro im Monat für jeden Asylbewerber, den der Kreis aufnimmt. Das ist so im Landesaufnahmegesetz geregelt. In der aktuellen Debatte steht eine Erhöhung des Betrags auf 670 Euro pro Monat im Raum (der TV berichtete).
Das Geld käme dann vom Bund und nicht wie bisher vom Land. Dabei handelt es sich aber nicht um ein zusätzliches Budget, das der Kreis zu den 513 Euro vom Land erhalten würde. Die Zahlung aus Mainz fiele dann komplett weg. Was aber kostet ein Asylbewerber die Kreise aktuell? Im Schnitt zwischen 800 und 900 Euro im Monat, sagt Daun. Aktuell leben 402 Flüchtlinge (Stand 24. September) im Kreis Vulkaneifel. 2014 hat der Kreis 432 421 Euro vom Land erhalten. Gekostet haben die Asylbewerber den Kreis 1 160 678 Euro. Unterm Strich blieb ein Defizit von knapp 730 000 Euro.
Noch deutlicher fällt das Ergebnis im Kreis Bernkastel-Wittlich aus. Alleine 2014 blieb der Kreis auf 933 410 Euro sitzen, sagt Sprecher Mike Winter. Mit 861 Flüchtlingen beherbergt Bernkastel-Kues aber auch mehr als doppelt so viele Flüchtlinge wie der Vulkaneifelkreis. An der Höhe des Defizits werde sich auch in Zukunft nichts ändern, prognostiziert Winter. Im Gegenteil: "Wir rechnen dieses Jahr mit einem Fehlbetrag von 1 600 000 Euro."
Eine ähnliche Entwicklung sieht auch Eifelkreis-Sprecherin Heike Linden kommen. "Die Aufwendungen, die der Kreis aus eigenen Mitteln erbringen muss, steigen drastisch", sagt sie. Auch eine Erhöhung der Zuwendung auf 670 Euro im Monat werde da nicht ausreichen. Genaue Zahlen liegen dem Eifelkreis bislang nicht vor - da dort zurzeit 602 Flüchtlinge untergebracht werden, dürfte sich das Defizit etwa im Bereich der anderen beiden Kreise bewegen.Höhere Kosten für Versorgung


Als Grund für das hohe Defizit nennt Verena Daun vor allem die Kosten für die gesundheitliche Versorgung der Asylbewerber. Diese seien deutlich höher als veranschlagt und müssten von den einzelnen Kommunen aufgefangen werden.
Dazu haben sowohl der Landkreis Bernkastel-Wittlich als auch der Vulkaneifelkreis ihr Personal aufgestockt. Am deutlichsten reagiert der Kreis Bernkastel-Wittlich. Hier verrichtet seit dem 1. Oktober eine Koordinatorin für die Flüchtlingshilfe ihre Arbeit, zum anderen erhält die Ausländerbehörde eine zusätzliche Planstelle. Der Kreis Vulkaneifel hat eine zusätzliche Stelle geschaffen, die sich vor allem um die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern mit Sozialleistungen beschäftigen wird. "Inwieweit das ausreicht, muss die Zukunft zeigen", sagt Daun. Der Eifelkreis plant indes nicht, Sozialarbeiter wegen der Flüchtlingssituation einzustellen.
Was die Suche nach Wohnraum angeht, sind sich die drei Kreise einig: Dezentral sollen die Flüchtlinge untergebracht werden - das heißt dort, wo gerade eben Wohnungen frei sind. Solange das der Fall ist, werde sich daran im Eifelkreis auch nichts ändern, sagt Linden. Wo genau Asylbewerber ihr neues Zuhause finden, werde aber ohnehin nicht vom Kreis geregelt. Diese Aufgabe übernehmen in der Eifel die einzelnen Verbandsgemeinden und die Stadt Bitburg. Das ist auch in Bernkastel-Wittlich der Fall. Hier fällt die Unterbringung den Verbandsgemeinden, der Stadt Wittlich sowie der Gemeinde Morbach zu.
Ohne Sinn und Verstand werde bei der Zuweisung von Wohnraum aber nicht agiert, wie Eifelkreis-Sprecherin Linden ausführt. Es werde zum einen auf den kulturellen Hintergrund der Asylbewerber geschaut, zum anderen spielen auch freie Plätze in Kindergärten oder Schulen eine wichtige Rolle. "Es ist also nicht jeder freie Wohnraum auch unbedingt geeignet", sagt Linden.
Was in allen Landkreisen hervorragend funktioniere, ist die Integration der Flüchtlinge. "Das Engagement seitens der Bevölkerung ist nach wie vor sehr groß", berichtet Vulkaneifel-Sprecherin Verena Daun. Und wo es möglich ist, versuche der Landkreis zu helfen. Das geschehe beispielsweise durch Runde Tische, Aufklärung über Fördermöglichkeiten und bei der Suche nach Spenden-Projekten.
Insgesamt spricht Daun von einer guten Integration. Auch im Eifelkreis werde die Integration durch viele ehrenamtliche und private Initiativen mit Leben gefüllt. Auf privater Ebene werden dort auch die Sprachkurse organisiert.Meinung

Der Bund muss nachbessern
Dass Deutschland hilft, wo Hilfe benötigt wird, ist gut so. So will es das Grundgesetz, so wünscht es sich die Mehrheit der Deutschen. Falsch ist aber, dass die Kreise auf Kosten in Millionenhöhe sitzen bleiben und auch jetzt schon klar ist, dass auch die geplante Erhöhung des Beitrags auf 670 Euro pro Flüchtling im Monat daran nichts ändern wird. Es ist richtig, dass die Kreise so viel Geld für Flüchtlinge ausgeben wie benötigt wird - und nicht so viel, wie man ihnen bereitstellt. Auf Dauer wird das nicht funktionieren. Das Defizit steigt mit jedem zusätzlichen Flüchtling. Absehbar ist, dass die ohnehin finanziell schwach aufgestellten Kreise die zusätzliche Belastung nicht problemlos wegstecken können. Das geht dann auf Kosten der Bürger und auf Kosten unserer Willkommenskultur. Sicher ist: Der Bund muss dringend nachbessern. s.klipp@volksfreund.de

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