Für die Jüngsten muss man Partei ergreifen

DAUN. Karin Kortmann, aus Daun stammende Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sprach auf Einladung des Forums "Eine Welt" über Entwicklungspolitik und die Notwendigkeit weltweiter Rechte für Kinder.

Mit dem Thema werde ein schreckliches Kapitel aufgeblättert, sagte zu Beginn Klaus Heller, Vorsitzender des Forums "Eine Welt", und verwies auf etwa 300 000 Kindersoldaten, rund zwei Millionen Kinderprostituierte (überwiegend Mädchen zwischen fünf und 15 Jahren), auf 250 Millionen billige Arbeitssklaven im Kindesalter und auf die Dunkelziffer im Bereich des Organhandels bei Kindern. "Wahrlich kein schönes Thema", stellt Karin Kortmann im Laufe ihres Vortrags mehrmals fest, wenn sie über ihre persönlichen Eindrücke bei Reisen in die Entwicklungsländer spricht und Beispiele aus Mozambique, Brasilien, Bolivien, Mexiko und anderen Ländern nennt. Sie stellt auch Hoffnung machende Ansätze in der deutschen Entwicklungspolitik vor und hebt das soziale Engagement von Vereinen, Verbänden und Kirchen aus dem Kreis Daun hervor. "Das Wohl von Kindern braucht keine Parteipolitik", sagte Karin Kortmann. "Wir alle müssen für Kinder Partei ergreifen." Kinder brauchten nicht nur Familien an ihrer Seite, sondern auch Regierungen und Organisationen, die sich für ihre Rechte einsetzten. Wichtigstes Element der deutschen Entwicklungspolitik sei der Bau von Grundschulen, ordentliche Ausbildung und gute Bezahlung von Lehrern. Wenn sich auch seit dem ersten Weltkindertag (1954) die Kindersterblichkeit halbiert habe, wenn heute 80 Prozent aller Kinder weltweit eine Schutzimpfung erhielten: Die Kehrseite der Medaille sei, dass 115 Millionen Kinder (vor allem Mädchen) nicht zur Schule gehen könnten. "Und es gibt jeden Tag Tsunamis", sagt Kortmann mit dem Blick auf den Hungertod von rund 5000 Kindern täglich. Ein weiterer positiver Ansatz in der Entwicklungspolitik Deutschlands sei, dass neben finanziellen Mitteln immer auch die fachliche Beratung stehe, erklärte die Staatssekretärin. Dramatisch sei, dass Kinder von ihren Eltern als Soldaten oder Organspender verkauft werden (müssen) und dass Geburten nicht registriert werden. Als positive Entwicklungen nannte Karin Kortmann dagegen, dass bei der Kinderprostitution Opferschutz und Täterverfolgung den gleichen Stellenwert hätten, dass im Kongo Projekte zur Reintegration von Kindersoldaten erste Erfolge verzeichneten, dass Siemens in Brasilien nur Leute einstelle, deren Kinder zur Schule gehen und diesen Eltern Schulgeld zahle, dass der Otto-Versand Baumwollbauern unterstütze und berate. Umso deutlicher wandte sie sich gegen Vorhaltungen der Zuhörer Hans-Peter Slabik ("Sie färben die aggressive Politik der Bundesrepublik als eines der größten imperialistischen Angriffsländer der Welt schön") und Hildegard Slabik-Münter ("Ihre Behörde betreibt eine Alibi- und Vertuschungspolitik"). "Sie haben sich in der Wortwahl vergriffen", sagte Karin Kortmann. "Das BMZ ist ein ausgezeichnetes Ministerium, und das lasse ich mir nicht madig machen." Umso deutlicher lobte sie das regionale Engagement: das von Klaus Heller (Dreis-Brück) vom gastgebenden Forum "Eine Welt" gegen Intoleranz und Gewalt gegenüber Fremden; das von Johanna Haeser (Daun) von der Katholischen Pfarrgemeinde Daun beim Hungermarsch zu Gunsten von Bolivien und beim Verkauf fair gehandelter Waren im Weltladen; das von Lothar Röper (Kerpen) im Senior-Experten-Service bei seinen Beratungseinsätzen in Afghanistan; und das von Karl-Wilhelm Simonis (Hillesheim) vom Solidaritätskreis Westafrika beim Schulbau und der Wasserversorgung in Burkina Faso.

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