Große Angst um kleine Schule

NEROTH. Herausforderung: In der kleinsten Grundschule im Gerolsteiner Land, der in Neroth, reicht es ab nächstem Schuljahr nicht für eine eigenständige erste Klasse: Daher wird eine Kombi-Klasse aus Erst- und Zweitklässlern gebildet. Im Dorf geht derweil die Angst vor einer Schließung der Schule um.

"Sie glauben ja gar nicht, wie oft ich nach den Osterferien angesprochen wurde, dass die Grundschule Neroth ja eh zumacht", sagt Schulleiterin Helga Wallenborn (59) entnervt. "Dabei stimmt das nicht, wurde von niemandem gesagt und auch nirgends geschrieben. Und dennoch glauben es die Leute." Hintergrund der Diskussionen ist der kürzlich vorgelegte Schulentwicklungsplan, der in der Tat dem Standort der kleinsten Grundschule in der Verbandsgemeinde Gerolstein eine besondere Beachtung schenkt. Von einer Schließung war bislang aber nicht die Rede. Fakt ist aber: Weil nur vier I-Dötzchen aus Neroth, Kirchweiler und Hinterweiler - dem Einzugsgebiet der Grundschule - angemeldet wurden (vier weitere aus dem Beritt werden die Dauner Grundschule wegen des Ganztagsangebots besuchen), wird in Neroth erstmals eine kombinierte Klasse aus Erst- und Zweitklässlern gebildet. Für Wallenborn, die seit 36 Jahren im Schuldienst ist, steht fest: "Das wird für die Schulen auf dem Land das Bild der Zukunft sein." Die Nerother Kombi-Klasse wird 22 Schüler umfassen und von der Schulleiterin selbst übernommen, "da ich ja auch die jetzige erste Klasse habe und die 18 Schüler kenne". Dennoch sieht sie die Kombi-Klasse als "Herausforderung, da man als Lehrer eine hohe Flexibilität an den Tag legen muss". Um sowohl den älteren Kindern als auch den i-Dötzchen gerecht zu werden, will sie vor allem auf "offene Unterrichtsformen wie Stationenarbeit" setzen und entsprechend des Leistungsniveaus einen Tagesplan für jeden Schüler erstellen. Am konkreten Beispiel festgemacht, bedeutet das: "Die gleiche Aufgabe - beispielsweise eine Bildergeschichte - wird in verschiedenen Schwierigkeitsstufen gestellt: Die erste Gruppe wird nur die Bilder sortieren, die zweite jeweils einen erläuternden Satz hinzufügen und die dritte einen zusammenhängenden Text zu den Bildern schreiben sollen." Dennoch werden laut Wallenborn nicht alle Unterrichtsstunden gemeinsam laufen: "Für den elementaren Lese- und Schreibunterricht sind zusätzliche vier Stunden pro Woche vorgesehen." Erste Bilanz kurz vor den Herbstferien

Zudem werde sie die gegenseitige Hilfe der Schüler untereinander fördern, nicht zuletzt um die soziale Kompetenz der Kinder zu schulen. Nach dem Motto: Die Großen helfen den Kleinen. Die Lehrerin geht davon aus, dass sie "bis zu den Herbstferien weiß, welches Leistungslevel jeder Schüler hat. "Ich erstelle von jedem ein Profil - aber nur in meinem Kopf", sagt die Pädagogin. Als "Knackpunkt" sieht sie die Zeit an, in der die Erstklässler noch nicht lesen und schreiben können und daher "noch vieles mit Bildern" gemacht wird. Wallenborn: "Besonders diese Zeit gilt es, Gewinn bringend für alle zu gestalten." Also: Die Jüngeren nicht zu überfordern, die Älteren nicht zu langweilen. "Sonst machen die den Molli in der Klasse." Die erste Bilanz will sie bei einem Elternabend kurz vor den Herbstferien ziehen. Egal wie groß die Herausforderung auch sein wird, von den Vorzügen einer kleinen Schule ist sie schon längst überzeugt - und tut dies in jüngster Zeit auch besonders oft kund. "Größter Vorteil ist: Wir kennen alle unsere Schüler und ihre Probleme, denn bei bislang 15 Kindern in einer Klasse kann man gut auf jeden Einzelnen eingehen." Mit Hinblick auf die Zukunft meint Schulleiterin Wallenborn, die seit 14 Jahren in Neroth lebt: "Ich möchte nicht erleben was hier los wäre, wenn es mit der Schulschließung ernst würde."

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