Gut gefüttert durch den Winter

GEROLSTEIN. Ein hochkarätig besetzter "runder Tisch" soll für die Umsetzung der Ergebnisse aus dem Rotwild-Lebensraumgutachten, das von 2001 bis 2003 für den Salmwald gemacht wurde, sorgen. Das Areal wurde erweitert bis in den Kreis Bitburg-Prüm. Forstverwaltungen beugen sich nur widerwillig dem Fütterungskonzept.

Vor vier Jahren schlugen die Wellen wegen Streitigkeiten zwischen Jägern, Stadt- und Forstverwaltung bis nach Mainz. Um einheitliche Regelungen zu schaffen, beteiligte sich die Landesregierung mit 30 000 Euro an dem 43 000 Euro teuren Rotwild-Lebensraumgutachten. "Man muss aufpassen, dass man das Geld nicht umsonst ausgegeben hat. Die Umsetzung erfolgte bisher äußerst zögerlich, weil sie von der Politik behindert und vom Forstamt verschleppt wurde", sagt Adolf Becker, Vorsitzender der Rotwild-Hegegemeinschaft (RHG) Salmwald. Knackpunkte sind vor allem das Fütterungskonzept und einheitliche Jagdstrategien. Bereits im März 2003 war im Gerolsteiner Rathaus von Wildbiologe Olaf Simon ein Maßnahmenkatalog vorgelegt worden. "Wir wollen das jetzt gemeinsam umsetzen und weiterentwickeln. Deshalb wurde das Areal ausgeweitet und alle wurden an einen Tisch geholt", erklärt Dr. Adolf Franke, Vorsitzender des Rotwildrings Daun-Wittlich und Pächter in Birresborn. Weil mit den Revieren Kopp, Büdesheim und Wallersheim auch der Kreis Bitburg-Prüm mit im Boot ist, gehört auch Walter Stein als zuständiger Rotwildring-Vorsitzender zum runden Tisch. Franke sagt kategorisch: "Rotwild ordentlich zu bewirtschaften, ist nicht mit dem Egoismus Einzelner möglich." Die Rudel beanspruchen Räume bis zu 3000 Hektar. Jagd und Wild auf der einen Seite, Waldschäden und Druck wegen Rentabilität des Forstes auf der anderen Seite bilden ein hohes Konfliktpotenzial. "Unsere Gesellschaft und die Politik müssen sich entscheiden, ob sie das Rotwild als letzte Großwildart unseres Landes erhalten wollen. Es ist ebenso ein Weltnaturerbe wie der Elefant in Afrika", sagt Bernd Krewer aus Kinderbeuren. Der pensionierte Forstoberamtsrat und Fachliterat wird demnächst in Prüm über "Waldwirtschaft, in der Rotwild nicht nur ein Schadensfaktor ist" referieren. Um die Waldschäden zu reduzieren, sind die Jäger für die Fütterung. Wilhelm Cajé, Vorsitzender der RHG Kyllwald, schimpft über die Landesregierung, die (trotz größtenteils von ihr bezahltem RHG) über ein generelles Verbot nachdenke: "Das ist doch Blödsinn. Ich habe Ministerin Margit Conrad einen zwölf Seiten langen Brief geschrieben.""Schäden wurden von zehn auf drei Prozent verringert"

Helmut Ringelstein, Kreisjagdmeister Bitburg-Prüm, sagt: "Heu und Silage flächendeckend im gleichen Zeitraum gefüttert, entzerrt die Konzentration des Wildes und verringert die Schäden." Franke ergänzt: "Wir haben schon nach Vorschlägen aus dem Gutachten Wildäsungsflächen freiwillig angelegt und bereits im Vorjahr gefüttert. Die Schäden konnten von zehn auf drei Prozent verringert werden." Karl-Ludwig Pentzlin, Leiter des Forstamts Daun, bestätigt zwar, dass auch im Salmwald die Schäden geringer geworden sind, meint aber: "Wir sind auf dem Weg dahin, dass wir keine Fütterung brauchen." Sein Gerolsteiner Kollege Wolfgang Witzel sagt: "Wir wurden am runden Tisch demokratisch überstimmt und füttern gegen unseren Willen." Auch beim Thema Jagdstrategie bekommen die Staatsförster von ihrem ehemaligen Kollegen Krewer ihr Fett weg: "Bei den Treibjagden, die der Staat verkauft, geht es nur ums Geld. Da spielen Gutachten und Wildbiologie keine Rolle, sondern nur der Druck, 30 Euro je Hektar zu erwirtschaften." Pentzlin hält dagegen: "Wir haben schon Gemeinschaftsjagden gemacht und weitere Nachbarn gefragt. Im nächsten Jahr wird es noch mehr davon geben." Witzel sieht im Verkauf von Abschüssen und Treibjagden im Staatsforst "keinen Unterschied zu den Jagdenpachten, die die Jagdgenossen kassieren". Bereits früher organisierte Intervalljagden seien durch das RHG bestätigt worden. Franke, Chef des runden Tischs, erklärt: "Wir haben schon im Herbst damit begonnen, mit den Revieren die Jagden abzusprechen. Nur so kann das richtige Verhältnis von Jagddruck und Ruhezeiten geschaffen werden." Ringelstein erklärt: "Das desolate Geschlechterverhältnis, es gibt zu viel weibliches Rotwild, muss gerade gerückt werden." Im Moment würde viel getan. Um alles zu schaffen, brauche man den großen Rahmen.

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