HINTERGRUND zu Schizophrenie

Schizophrenie Jeder vierte der 800 Patienten, die Dr. Stefan Thielscher und sein Team jährlich in der psychiatrischen Abteilung des Gerolsteiner Krankenhauses behandeln, leidet unter Schizophrenie. Weltweit erkrankt ein Prozent der Menschheit ein- oder mehrmals im Leben daran, unabhängig von der Kultur.

Bei 20 Prozent der Patienten nimmt die Krankheit einen drastischen Verlauf bis hin zur Hilfsbedürftigkeit. Die Lebenserwartung verkürzt sich um zehn Jahre, es besteht eine hohe Selbstmordrate. Besonders häufig sind Frauen Ende 20 und Männer Anfang 20 davon betroffen. Drogenkonsum steigert das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken. Anders als landläufig angenommen, bedeutet Schizophrenie nicht, eine "gespaltene Persönlichkeit" zu haben und daher mal in einer Traumwelt und mal in der Realität zu leben. Thielscher: "Es geht um Störungen von Wahrnehmungen einhergehend mit Stoffwechselstörungen im Gehirn." Die Patienten können nicht mehr intuitiv die gerade wichtigen Informationen herausfiltern. Beispiel: Man telefoniert am Küchentisch sitzend. Ein gesunder Mensch registriert das Gesagte am Telefon und antwortet. Der Schizophrene registriert gleichzeitig und gleichwertig das Auto, das vorbeifährt, das Muster der Tapete, die Härte der Sitzfläche und die schwirrende Mücke. Während es das normal arbeitende Gehirn ohne weiteres schafft, wichtige von weniger wichtigen Informationen zu unterscheiden, kommt es beim Schizophreniekranken zur Reizüberflutung, die nicht mehr verarbeitet werden kann. Ein Telefonat zu führen, wird unmöglich. "Die Ursachen für die Krankheit sind vielfältig, aber niemand ist schuld", erklärt Thielscher. Auch die Erziehung spiele keine Rolle. Thielscher behandelt seine Patienten medikamentös mit Antipsychotika. Das Medikament verhilft zu geordneteren Denkweisen, hemmt die Reizaufnahmen, baut quasi einen chemischen Filter ein. Die akute Situation bessert sich in den ersten zwei Wochen. Meist geht die medikamentöse Behandlung ein Jahr weiter, bei wiederholter Erkrankung zwei bis fünf Jahre - um Rückfälle zu vermeiden. (vog)

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