Hämmern und Horchen auf bröckelnden Brücken

HILLESHEIM/WALSDORF. An den drei Brücken der ehemaligen Bahnstrecke, die den Kylltalrad in Hillesheim und Walsdorf überqueren, sind zwar Sanierungen nötig, aber Gefahr besteht nicht. Das ergaben Brückenprüfungen. Diese Sicherheitsvorschriften des Straßenrechtes werden kreisweit bei Brücken in kommunaler Verantwortung "eher stiefmütterlich" behandelt. Geforderte Prüfbücher existieren selten.

"Wir haben uns Sicherheit gekauft", erklärt Hillesheim Stadtbürgermeister Matthias Stein. Allerdings, so gibt er freimütig zu, direkt war er nicht dazu bereit. Jürgen Mathar, Leiter der Bauabteilung, hat ihm im dritten Erinnerungsschreiben die Pistole auf die Brust gesetzt. Mathar: "Ich habe auf den Prüfungen bestanden, weil wir die Verantwortung nicht übernehmen können. Mit dem Auto fährt man ja auch zum Tüv." Vielen Gemeinden sei nicht klar, dass sie die Verantwortung für Brücken in ihrem Eigentum hätten.Kreisweit kommt eine große Anzahl zusammen

Brücken, über die klassifizierte Straßen verlaufen, stehen in der Verantwortung der jeweiligen Straßenlastträger wie Kreis, Land oder Bund. Jürgen Nolden, Bauingenieur mit der Zusatzqualifikation für so genannte Bauwerksprüfungen beim Tüv Rheinland, erklärt: "Nach DIN 1076 gehören Brücken mit einer lichten Weite von mehr als zwei Metern zwischen den Widerlagern zu den prüfungspflichtigen Bauwerken." Dabei spielt es keine Rolle, ob über die Brücke ein Wirtschafts-, Rad- oder Wanderweg oder eine Gemeindestraße führt. Da kommt kreisweit schon eine beachtliche Anzahl zusammen. "An der Oberen Kyll sind es etwa 20. Bisher wurde geguckt und, wenn nötig, saniert, aber nichts dokumentiert", sagt Karl Müller, Leiter der Bauabteilung. Seit über einem Jahr sei sein Team mit der Bestandsaufnahme und Dokumentation beschäftigt. Bis Ende des Jahres sollen die erforderlichen Brücken-Prüfbücher erstellt sein. Alle Brücken seien von eigenen Mitarbeitern kontrolliert worden. In Lissendorf wurden daraufhin bereits fünf Brücken saniert. Vor drei Wochen wurde eine Holz-Fußgängerbrücke zur Kirche in Jünkerath gegen eine Stahlkonstruktion ausgetauscht. Für die Römerwall- und Bahnhofsbrücken wurden Experten des Landesbetriebes Straßen und Verkehr (LSV) um Rat gefragt. Diese zwei Brücken sollen 2006 grundlegend saniert werden. Auch Müller meint, vielen Ortsbürgermeistern seien die Art und der Umfang der Prüfung nicht bewusst. Sein Kelberger Kollege Karl-Heinz Diederich stimmt ihm zu: "Wir beschäftigen uns auch damit und werden das in einer der nächsten Bürgermeister-Dienstbesprechungen thematisieren." In der Verbandsgemeinde Kelberg würden die Brücken eher im Bereich der Wirtschaftwege als innerhalb der Gemeindestraßen liegen. In der Verbandsgemeinde Daun werden die Brücken im Zuge der generellen Umstellung auf die doppelte Buchführung bei den Orts- und Verbandsgemeinden unter die Lupe genommen. Büroleiter Gerd Becker: "Derzeit wird das Vermögen erfasst und bewertet, einschließlich der gemeindeeigenen Brücken. Dabei erfolgt auch der Sicherheitscheck." In der Verbandsgemeinde Gerolstein wird von Mitarbeitern der Bauabteilung lediglich die Verkehrssicherheit geprüft. Nur wenn die eigene, optische Prüfung Mängel zeigt, würden zusätzliche Prüfaufträge erteilt. Dabei müssen laut Vorschrift sich im Drei-Jahres-Turnus die Haupt- und Zwischenprüfung abwechseln. Viele Brücken wechselten vor einigen Jahren die Besitzer, als die Bahn stillgelegte Strecken verkaufte. Mathar erklärt: "Wir haben 2000 die drei Brücken am Kylltal-Radweg übernommen." Die Brücke "Eichholz" in Hillesheim und "im Beulen" in Walsdorf wurden 1911 gebaut, und die Brücke "Rosenberg" (Richtung Hundepension in Hillesheim) 1945. Erst Gutachten, dann Investitionsplanung

Prüfingenieur Nolden bescheinigt den Brücken einen gepflegten Zustand: "Die normale Lebensdauer einer Brücke ist 80 Jahre. Die drei Brücken halten aber bestimmt noch weitere 20 Jahre." Nolden untersucht die Brücken nach drei Gesichtspunkten: Verkehrs- und Standsicherheit sowie Dauerhaftigkeit. Mit einem Hammer klopft er jeden Quadratmeter ab, horcht nach Hohlstellen, schaut nach Wölbungen, feuchten Stellen, untersucht die Fugen, das Geländer und prüft die aktuelle Beschaffenheit des Baustoffes. An allen drei Brücken muss gearbeitet werden. Mathar: "Wir stellen nach den Gutachten unsere Investitionsplanungen auf." Horst Kollitsch, Ortsbürgermeister in Walsdorf, erklärt: "Die Sicherheit der Radfahrer, die unter der Brücke, und der Bauern, die über die Brücke fahren, ist uns wichtig. Deshalb war die Beteiligung an den Prüfungskosten kein Thema." Der Tüv Rheinland bekam für 2500 Euro (insgesamt für die drei Brücken) den Zuschlag. Zwei weitere Institute hatten Mathar Angebote über 3500 Euro und 5000 Euro geschickt.

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