Haus mit Hütern

GEROLSTEIN-ROTH. Die 44 Jugendlichen und Kinder im Stadtteil Roth sind bis auf weiteres die Leidtragenden der städtischen Finanzmisere. Die Kommunalaufsicht untersagte vorerst die von der Stadt geplante Kreditaufnahme für den Kauf des Jugendheims, und die Pfarrgemeinde verweigert dessen Nutzung als Jugendraum.

"Immer wieder werden wir vertröstet. Wir kämpfen schon seit drei Jahren um einen Jugendraum", sagt Rainer Friesen. Der 21-Jährige hat viele Mitstreiter. Matthias Goretz, 15 Jahre, erzählt: "Wir treffen uns oft an der Bushaltestelle, aber da ist es nass, kalt und ekelig. Außerdem ist es gefährlich, weil viele Autofahrer ganz nah an uns vorbei rasen." Sein Kumpel Alexander Dreis träumt vom Tischtennisspiel im Jugendraum. Kerstin Finnemann will sich mit Freunden treffen und ungestört Musik hören. Michael Meis, 20 Jahre, schimpft: "Um mit den Jugendlichen aus dem Dorf Silvester feiern zu können, mussten wir für viel Geld das Jugendheim anmieten.""Keine kirchliche Aufgabe"

In Roth gebe es sonst "keine Möglichkeit, überhaupt was zu machen". Dabei würde sich rasch eine feste Jugendgruppe bilden, sind sie sich einig. Ortsvorsteher Herbert Faber (CDU) ergänzt: "Es hat sich sogar ein Vater gemeldet, der die Leitung übernehmen würde." So weit, so gut. Aber einen Jugendraum gibt es nicht, obwohl in der Ortsmitte das so genannte Jugendheim (in Trägerschaft der Pfarrgemeinde) steht. Toni Kuhl, stellvertretender Vorsitzender des Pfarr-Verwaltungsrats, sagt: "Zur Pfarrgemeinde gehören vier Dörfer, und da kann nicht nur für einen Ort ein Jugendraum eingerichtet werden. Das ist eine kommunale und keine kirchliche Aufgabe." Das wiederum bringt CDU-Stadtrat Helmut Hauth auf die Palme: "Wenn die Kirche sich der Jugend verschließt, braucht sie sich nicht zu wundern, wenn die Predigt vor leeren Rängen stattfindet." Kuhl hält dagegen: "Kalenborn hat auch einen Jugendraum geschaffen. Außerdem sind die Kosten für das Jugendheim für die Pfarrei nicht mehr zu schultern." In Stadtteilen wie Gees, Müllenborn, Bewingen oder Lissingen seien ja auch tolle Gemeindehäuser geschaffen worden. In Roth soll kein Neubau her, sondern das 1913 erbaute Jugendheim soll von der Stadt angekauft und in ein Dorfgemeinschaftshaus umgewandelt werden. Auf den Kauf für 76 000 Euro - zu zahlen in drei Jahresraten - einigten sich Stadt und Bistum. Doch bei den 25 000 Euro im 2005er-Etat spielt die Kommunalaufsicht nicht mit. Nach der ersten Prüfung verweigerte sie die Genehmigung für eine Kreditaufnahme. Allerdings würden noch Gespräche vor Ort geführt, um dann später abschließend zu entscheiden, heißt es aus der Kreisverwaltung. Ortsvorsteher Faber gibt sich aufmüpfig: "Ich werde die Sache so nicht laufen lassen. Die Jugend ist unsere Zukunft, und das sollte sowohl dem Land wie auch dem Kreis einleuchten." Zur Untermauerung seiner Meinung hat er eigens eine Statistik erstellt. Danach sind derzeit 26,3 Prozent der Dorfbevölkerung 15 Jahre und jünger, das sind exakt 44 der 167 Einwohner. Seit 1998 ist der Anteil von 22,6 Prozent (33 von 146 Einwohnern) kontinuierlich gestiegen. "Und weitere Steigerungen sind durch die Erschließung des Neubaugebietes mit 18 Grundstücken gewährleistet", rechnet Faber vor.Nutzungsrecht vereinbart

Die Krux in den Verträgen über das Jugendheim beziehungsweise das Dorfgemeinschaftshaus ist aber auch die Kostenbeteilung der Stadt von 30 000 Euro für die Komplett-Renovierung vor elf Jahren. Damals war mit der Kostenbeteiligung ein Nutzungsrecht zwischen Pfarrgemeinde und Kommune vereinbart worden: Die Rother Bevölkerung sollte das Gebäude zwanzig Jahre lang als Dorfgemeinschaftshaus nutzen können - für Versammlungen und zum Kirmes feiern. Ausgeschlossen ist die Einrichtung eines Jugendraums. Den Jugendlichen platzt angesichts des Hin und Her der Kragen. Christiane Endres meint: "Im TV habe ich gelesen, dass in der Region Unsummen öffentlicher Gelder verschleudert wurden. Und wir werden hier hängen gelassen."

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