Hausnummern in fettem Orange

GEROLSTEIN. (vog) Mit orangner Signalfarbe haben bislang Unbekannte in der Hexennacht leerstehende Läden in Gerolstein nummeriert und somit auf die Misere hingewiesen. Ob diese kommunalpolitische Häme rechtens ist, wird unterschiedlich bewertet.

"Kritik sollte offen ausgesprochen werden und nicht auf diese Art und Weise. Außerdem taugt die Hexennacht nicht dazu", sagt Stadtbürgermeister Georg Linnerth. Die Polizei vermutet hinter den Schmierereien an leerstehenden Geschäften ein "kommunalpolitisches Signal" und wird keine Ermittlungen aufnehmen, weil die Farbe rückstandslos abwaschbar ist. Es ist davon auszugehen, dass keine Jugendliche, sondern Erwachsene für die Aktion verantwortlich sind. Der oder die Unbekannte/n starteten ihren "Feldzug" am Bahnhof und gingen über die Hauptstraße, bis sie in Höhe der ehemaligen Fleischerei Kettel umkehrten. Auf dem Rückweg markierten sie die geschlossene "Kuschelbar" am Ende der Fußgängerzone mit Nummer 26, bevor sie die Nummer 27 mit dem Zusatz "bald leer" an die Scheiben des Extra-Markts sprühten. Auf den roten Pflasterstreifen vor dem Eingang zum Rondell wiesen Pfeile in die benachbarten Städte Prüm und Daun. Hans-Peter Böffgen, Chef der TW Gerolsteiner Land, schimpft: "Das geht deutlich über einen Schabernack hinaus, auch wenn die Farbe abwaschbar ist." Kommunalpolitischen Schaden sieht er allerdings nicht auf Gerolstein zukommen: "Wenn über die Ladenleerstände gesprochen wird, schadet es der Sache nicht." Gewerbevereinsvorsitzender Hans-Peter Schildgen meint: "Doch nicht nur in Gerolstein stehen Läden leer." Um den Missstand zu beenden, wurde im laufenden, regionalen Marketingkonzept ein separater Arbeitskreis (AK) "Ladenleerstände und Einzelhandel" gegründet. Linnerth befürchtet: "Hoffentlich nimmt diese negative Aktion den engagierten Leuten nicht die Motivation." Böffgen schlägt in die gleiche Kerbe: "Statt nachts vermummt durch Gerolstein zu laufen, würden sich diese Leute besser im Arbeitskreis engagieren." Die AK-Mitglieder sind derweil über die Nummerierung in der Mainacht keineswegs sauer. Architekt Hendrik Eltze meint: "Ich finde es nicht verkehrt, was in die Wunden zu kippen." Die Art und Weise ist für ihn legitim, eben "ein schönes Signal nach außen". Da sei doch nur an die Schaufenster gepappt worden, was eh jeder denke.Stadtplaner spricht von guter Werbung

Stadtplaner Erik Böffgen hält diese Aktion für "gute Publicity" und wünscht sich, dass möglichst viele dieses "hartnäckige Problem" anpacken. Der Arbeitskreis plant derzeit, die Eigentümer der leerstehenden Geschäfte an einen Tisch zu bringen. Dann soll über gemeinsame Kampagnen gesprochen werden. Erik Böffgen kennt auch die Listen von interessierten Pächtern, die bei der Landesregierung registriert sind. "Es bewegt sich was", bilanziert er. Eltze vermutet, dass die ehrenamtliche Arbeit des Arbeitskreises auf Dauer nicht ausreichend ist. "Sie sollte professionell weitergeführt werden und zwar so schnell wie möglich", fordert der Architekt. Klaus Lehnen, Steuerberater und Mitglied im Marketing-Arbeitskreis, erklärt: "Das Hauptproblem liegt in der allgemeinen Konsumzurückhaltung. Da hilft nur eine Steigerung der Kaufkraft und die kann in Gerolstein nur über den Tourismus kommen."

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