Hinschauen und aufmerksam sein

Daun · Um Mitarbeiter von Behörden und sozialen Einrichtungen im Landkreis Vulkaneifel über das Thema Zwangsheirat zu informieren, referierte auf Einladung des Caritasverbands (CV) Westeifel in Kooperation mit dem Jugendamt Daun die Sozialpädagogin und Diakonin Regine Noll vom Mainzer Beratungsdienst des Vereins Solwodi. Ihr Appell: aufmerksam sein und sich vernetzen zu Gunsten der Betroffenen.

 Jugendamtsleiter Bruno Willems (links) sowie Karin Knötgen (Zweite von links) und Guido Hannawald (Zweiter von rechts) vom Caritasverband Westeifel besprechen mit Referentin Regine Noll (rechts) die Fachtagung zum Thema Zwangsheirat. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Jugendamtsleiter Bruno Willems (links) sowie Karin Knötgen (Zweite von links) und Guido Hannawald (Zweiter von rechts) vom Caritasverband Westeifel besprechen mit Referentin Regine Noll (rechts) die Fachtagung zum Thema Zwangsheirat. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Foto: Brigitte Bettscheider (bb) ("TV-Upload Bettscheider"

Daun. Zwang und Bedrohung im Zusammenhang mit einer Eheschließung verstoßen gegen die Menschenrechte der Vereinten Nationen und gelten in Deutschland als Straftat. Doch unter den Gründen, warum Betroffene oder die Polizei, Angehörige, Nachbarn, Freunde oder Kollegen Kontakt mit einer der bundesweit 18 Solwodi-Beratungsstellen (siehe Hintergrund) aufnehmen, rangiert die Zwangsheirat unter den ersten zehn. Das erklärte die Referentin Regine Noll vom Beratungsdienst in der Landeshauptstadt Mainz bei der Fachtagung in Daun. 35 Frauen und Männer aus Abteilungen der Kreisverwaltung und von Fachdiensten des CV Westeifel sowie von Familiengericht, Polizei, Lebensberatung und Sozialpädagogischer Familienhilfe nahmen teil.
Dass es auch immer wieder Fälle in ländlichen Regionen gibt, bestätigte nicht nur Regine Noll. Auch Karin Knötgen vom Kinderschutzdienst und Guido Hannawald vom Jugendmigrationsdienst (beide CV Westeifel) sowie der Jugendamtsleiter Bruno Willems berichteten von entsprechenden Anfragen. Es liege auf der Hand, dass im Zuge der Aufnahme von Flüchtlingen das Thema zusehends an Bedeutung gewinne, sagten Knötgen, Hannawald und Willems. Sie räumten aber auch ein: "Es ist ein Klischee, dass es Zwangsheirat, so genannte arrangierte Ehen und Kinderheirat, überwiegend in muslimischen Ländern gibt."
Als Beispiel aus dem Landkreis Vulkaneifel nannten sie den Fall einer 15-Jährigen mit Migrationshintergrund. Das Mädchen hatte sich an den Sozialarbeiter seiner Schule gewandt und erzählt, dass sie sich "eigentlich" auf die Sommerferien mit dem Besuch bei den Großeltern in ihrem Herkunftsland, auf Land und Leute und das Essen freue. Doch seit einiger Zeit zeigten ihre Eltern ihr immer wieder Videos mit jungen Männern von dort und fragten sie, welcher ihr gefalle und ob sie einen davon kennen lernen möchte. Das Mädchen befürchtete, dass sie verheiratet werden sollte.
Doch möchte sie auf alle Fälle nach Deutschland zurückkehren, ihren Schulabschluss machen und einen Beruf lernen. Fürs Heiraten fühle sie sich viel zu jung, habe sie gesagt. "In diesem Fall konnten wir dafür sorgen, dass das Mädchen beruhigt in die Ferien fahren konnte", sagten Karin Knötgen und Guido Hannawald mit Blick darauf, dass sie das Mädchen mit Kontakten ausstatteten und ihm erklärten, was es in einer bedrohlich empfundenen Situation machen solle. Die Betroffenen stärken und Kontakte und Hilfen aus dem Pool an Angeboten vermitteln, empfahl Regine Noll den Tagungsteilnehmern. Und: "Hinschauen und aufmerksam sein sollte jeder!"
Kontakt: Caritasverband Westeifel e.V., Mehrener Straße 1, Daun, Telefon 06592/95730, unter <%LINK auto="true" href="http://www.caritas-westeifel.de" text="www.caritas-westeifel.de" class="more"%> und auch bei facebook.
Extra

Solwodi bedeutet "Solidarity with women in distress - Solidarität mit Frauen in Not". Die Menschenrechts- und Hilfsorganisation wurde 1985 in Kenia von der heute 79-jährigen Ordensschwester Lea Ackermann gegründet. In Kenia gibt es inzwischen 34 Beratungsstellen, in Deutschland 18 sowie eine Kontaktstelle und acht Schutzwohnungen. Der Verein unterstützt ein Witwen- und Waisenprojekt in Ruanda und hat neuerdings auch Beratungsstellen in Rumänien und Österreich. Betroffenen Mädchen und Frauen werden ganzheitliche psychosoziale Betreuung und Beratung, sichere Unterbringung, Vermittlung von juristischer und medizinischer Hilfe sowie Unterstützung bei der Rückkehr von Migrantinnen in ihre Heimatländer geboten. bb Kontakt und Info: <%LINK auto="true" href="http://www.solwodi.de" text="www.solwodi.de" class="more"%>.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort