Im Zweifel für den Angeklagten

Das Cochemer Amtsgericht hat Ewald Mattes, den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kaisersesch und früheren Ortsbürgermeister von Dockweiler, vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen.

 Ewald Mattes verlässt mit seinem Verteidiger Rüdiger Deckers den Gerichtssaal als freier Mann. Foto: Hans-Werner Rach

Ewald Mattes verlässt mit seinem Verteidiger Rüdiger Deckers den Gerichtssaal als freier Mann. Foto: Hans-Werner Rach

Cochem/Kaisersesch/Dockweiler. (awa) Bis zum Schluss des Prozesses gegen Ewald Mattes stand Aussage gegen Aussage, und das Schöffengericht entschied nach dem Grundsatz ,In dubio pro reo' - Im Zweifel für den Angeklagten. Staatsanwältin Ute Adams-Backes hatte auf ein Jahr Freiheitsstrafe, Mattes' Verteidiger Rüdiger Deckers auf Freispruch plädiert. Richter Wilfried Johann erklärte zur Begründung des Urteils, der Sachverhalt sei trotz langer Beweisaufnahme letztlich für das Gericht nicht mehr zu klären gewesen. Objektive Spuren hätten gänzlich gefehlt, und in den Angaben der Zeugen seien immer wieder Brüche gewesen. Johann betonte, dass das Gericht die Angaben der Nebenklägerin durchaus für glaubhaft halte. Er appellierte eindringlich an den Bürgermeister: "Die Frau war wirtschaftlich von Ihnen abhängig. Was das Gesetz nicht verbietet, verbietet der Anstand." Mattes wurde von einer ehemaligen Mitarbeiterin seiner Verwaltung beschuldigt, sie mehrfach sexuell belästigt zu haben. Dies gipfelte nach Aussage der heute 43-Jährigen in einem sexuellen Übergriff auf einer Dienstreise in Stuttgart. Mattes soll die Frau in einem Aufzug gegen ihren Willen in eine Ecke gedrängt, ihr die Bluse zerrissen und an die Brust gefasst haben. Der spektakuläre Prozess, der von einer großen Öffentlichkeit begleitet wurde, zog sich über mehrere Wochen. Auch am fünften und letzten Prozesstag haben zahlreiche Zuhörer die Urteilsverkündung verfolgt. Mattes äußerte sich nach der Verhandlung nicht zu seinem Freispruch, sondern verließ fluchtartig den Gerichtsaal.

Der Nebenklägerin, die im Laufe des Prozesses viele intime Details aus ihrem Leben dem Gericht und der Öffentlichkeit präsentieren musste, stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben: "Ich bereue dennoch nichts. Ich habe zwei Töchter, und denen will ich ein gutes Vorbild sein. Ich weiß, was ich erlebt habe und Mattes weiß, was passiert ist." Sie erklärte, dass sie im Laufe des Verfahrens gemerkt habe, dass ihre Chance geringer wurde, denn Mattes habe die besseren Zeugen gehabt. Auch viele der Zuhörerinnen im Gerichtsaal waren über den Freispruch enttäuscht: "Ich bin entsetzt. Er hätte es verdient", sagt eine Kaisers escherin, die den gesamten Prozess verfolgt hat. "Jeder weiß doch, dass er sich an jede schöne Frau heranmacht. Seit 20 Jahren sind so viele Ehen zerstört worden." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob die Nebenklägerin in Revision geht, ist noch unklar.

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