In Reih und Glied in den Bus marschiert

DAUN. Vollbremsung, Notausstieg, simulierter Unfall: Einen Unterricht der etwas anderen Art genossen Dauner Viertklässler beim Besuch der Bus-Schule in Daun. Sie erfuhren hautnah, weshalb es Regeln für die Fahrt im Schulbus gibt, und dass es besser ist, diese zu beachten.

Der erste Test von Ernst Leich geht voll in die Hose: "So, und jetzt steigt mal in den Bus ein, wie ihr das sonst auch macht - also, wenn keiner von uns dabei ist", sagt der Trainer der Rhein-Mosel-Verkehrsgesellschaft (RMV), die im nördlichen Rheinland-Pfalz die größte Busgesellschaft ist. Von dieser Gesellschaft werden jährlich rund 26 Millionen Kindergarten- und Schulkinder sowie Studenten befördert."Bei der Übung werden sonst Türen abgerissen"

Der Trainer rechnet damit, dass die Kinder auf sein Kommando wild drauf los rennen, ihre Mitschüler schieben und schubsen und sich ohne Rücksicht auf Verluste in den Bus drängeln und quetschen, um einen Sitzplatz zu ergattern. Aber nichts davon: In Reih und Glied aufgestellt, gehen die Viertklässler ruhig, aber zügig in den Bus. Und auch die Aufforderung des Trainers "Los, jetzt mal wie immer!" nutzt nichts. Die Kinder lassen sich nicht beirren. Ob es daran liegt, dass sie eben noch beim einstündigen theoretischen Unterricht in der Schule zum Thema Busfahren die richtigen Verhaltensregeln eingeimpft bekamen oder daran, dass die meisten der 26 Kinder bereits seit Jahren erfahrene Busschüler sind? Wer weiß. Jedenfalls hat der Herr Leich das so nicht erwartet, weshalb er noch immer ein wenig ungläubig dreinschaut, den Kindern aber er dickes Lob zollt: "Ihr seid die beste Klasse, die wir bisher hatten."Sein Kollege Rolf Geiß, der an diesem Tag den Bus fährt, fügt hinzu: "Normalerweise werden uns bei dieser Sache die Türen abgerissen, so wie es eben im Alltag oft vorkommt." Daher hält er die von der Unfallkasse Rheinland-Pfalz und der RMV zu diesem Schuljahr ins Leben gerufene "Bus-Schule" für "das Beste, dass seit langem gemacht geworden ist". Und die Anmeldungen der Schulen, die bis weit ins nächste Schuljahr reichen, bestätigen das hohe Interesse beziehungsweise den Handlungsbedarf.Auch wenn sich laut Gerlinde Weidner-Theisen, Sprecherin der Unfallkasse RLP, die Unfallzahlen auf relativ niedrigem Niveau bewegen und der Schulbus "nach wie vor das sicherste Verkehrsmittel ist" (siehe Hintergrund) , ist das Projekt nach Einschätzung von Kenner Rolf Geiß dennoch "aus der Not heraus geboren". Er zählt auf: Fehlende Sicherheitsabsperrungen sowie kein oder zu wenig Aufsichtpersonal an den Busbahnhöfen, gleichgültige Eltern, drängelnde und schubsende Kinder sowie Jugendliche, "bei denen sowieso alles zu spät ist", bestimmten den Alltag der Schulbusfahrer. Kurzum, so Geiß: "Vielerorts herrscht reines Chaos. Da ist es nur ein glücklicher Zufall, dass nicht mehr passiert." Daher hofft auch er, "dass bei den Kindern ein bisschen hängen bleibt, was sie hier lernen."Und das tut es - zumindest für diesen Tag: Sowohl über die Länge und Breite des Busses wissen die Viertklässler Bescheid, und auch das Gewicht kennen sie: "11 bis 13 Tonnen" antwortet ein Knirps richtig auf die Frage von Ernst Leich, der mit seinem Appell "Da bleibt nicht mehr viel von eurem Fuß übrig, wenn der Bus da drüber rollt - also lasst das mit dem Drängeln" für kollektives Nicken und weit aufgerissene Münder sorgt. Das sitzt! Ebenso die Demonstration mit der große Plastiktonne, die meterweit durch die Gegend fliegt, als der Bus dagegen fährt.Apropos sitzen: Vor dem letzten und von allen mit Spannung erwarteten Test - der Vollbremsung - wird es mucksmäuschenstill im Bus. Alle Schüler verstauen entsprechend der Anweisungen der Trainer ihren Ranzen im Fußraum, nehmen ordentlich Platz und halten sich gut fest. Dennoch sind sie neugierig, recken die Köpfe nach oben, um ja nichts zu verpassen. Und doch herrscht Anspannung. "Meine Hände sind schon ganz feucht", gesteht Wibke Emmerichs (9) aus Pützborn. Ein Blick in die Gesichter ihre Mitschüler zeigt, dass vielen der Test nicht ganz geheuer ist. Dagegen war die Übung zuvor, bei der Romina Brück (11) aus Pützborn ihre Arme zwischen die sich schließende Bustür hielt, ein Kinderspiel. "Obwohl ich schon Angst hatte", wie die Elfjährige zugibt, aber rasch hinzufügt: "Ich habe überhaupt nichts gemerkt." Nun wissen alle: Die Bustüren sind mit einer Sicherheitsvorkehrung ausgestattet.Die gibt es bei einer Vollbremsung nicht, weshalb es besonders wichtig ist, während der Fahrt nicht herumzuturnen. Das spüren die Kinder nun am eigenen Leib - was bei vielen einen bleibenden Eindruck hinterlässt. "Ich bin ganz schön durchgeschüttelt worden", sagt Simone Schiffels (10) aus Rengen, die mit ihrem Fazit allen Schülern aus der Seele spricht: "So'n Unterricht könnten wir öfter haben."

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