In der Grauzone

Mit der Ausbildung fünf neuer Kräfte soll die Notarztversorgung im Landkreis Vulkaneifel verbessert werden. Das ist vor allem im Bereich Daun notwendig, wo in den ersten viereinhalb Monaten dieses Jahres zusammen genommen an 33 kompletten Tagen (797 von 3216 Stunden) kein Notarzt zur Verfügung stand. Im Bereich Gerolstein kamen knapp acht Tage (185 Stunden) zusammen.

Daun. So könnte es sich zugetragen haben: Ein Ehepaar aus Daun frühstückt gemeinsam. Etwas später findet die Frau ihren Mann bewusstlos im Wohnzimmer. Sie ruft die 112 an. Der Notarzt wird von der Rettungsleitstelle in Trier verständigt, trifft aber vorerst nicht ein. Keine lückenlose Versorgung

Dafür aber das parallel verständigte DRK-Rettungsteam aus Daun. Das ist nach wenigen Minuten vor Ort und beginnt mit der Wiederbelebung. Vom Notarzt noch immer keine Spur, denn der wird aus Gerolstein angefordert, da in Daun keiner verfügbar ist. Bis er eintrifft, vergeht fast eine halbe Stunde. Der Mann stirbt. Ein Horrorszenario? Nein, denn die Notarztversorgung auf dem Land ist nicht lückenlos, wie Rettungsdienst-Leiter Udo Horn und Gerd A. Hommelsen, Geschäftsführer der DRK-Rettungsdienst Eifel-Mosel-Hunsrück GmbH, beklagen. Hommelsen: "Wir brauchen dringend weitere Notärzte, denn ich möchte meine Leute nicht dauerhaft in Situationen bringen, in denen sie möglicherweise sich und dem Patienten schaden." Damit spielt er vor allem auf die gesetzlichen Befugnisse von Rettungsassistenten an. Und die enden oft dort, wo lebensrettende Medikamente eingesetzt werden müssen. So ist für sie das Setzen der Lyse-Spritze, die Blutgerinnsel schlagartig löst, tabu - da dies eben auch schwer kontrollierbare Risiken birgt. "Unsere Leute können mehr, als sie dürfen, was sie auch schon oft bewiesen habe - zum Wohl vieler Patienten", sagt Horn, wohl wissend, dass sie sich damit in einer rechtlichen Grauzone befinden. Zwar haben die Rettungsassistenten über die so genannte Notfallkompetenz die Möglichkeit, verschiedene Medikamente (bei Unterzuckerung, um einen Blutdruck herzustellen, zur Entkrampfung, bei Asthma-Anfällen und, um das Herz besser mit Sauerstoff zu versorgen) einzusetzen, "doch bei einem schweren Unfall hilft das nur wenig". Denn dann gehe es primär bei der Erstversorgung darum, Schmerzen zu stillen und die Beatmung sicherzustellen. "Dafür ist zwingend ein Arzt erforderlich", sagt Horn. Darüber hinaus ermöglicht der Paragraf des "rechtfertigenden Notstands" weiter gehende Eingriffe. "Aber wie legt das ein Richter später aus?" fragt Horn und beharrt auf der Forderung nach mehr Notärzten vor allem im Bereich Daun. Denn in Gerolstein habe sich nach "Runden Tischen" 2005 und der Regelung, dass sich neben den Krankenhaus-Ärzten auch niedergelassene Ärzte ins Notarzt-System haben einbinden lassen, die Situation erheblich verbessert. "Auch wenn die Krankenhäuser die Notärzte zu stellen haben - wenn mal einer nicht verfügbar ist oder es länger dauert, fällt das immer aufs DRK zurück." HINTERGRUND Nach Angaben von DRK-Rettungsdienst-Leiter Udo Horn sollen die Notärzte von der zentralen Rettungsleitstelle in Trier nach einer fest vorgegebenen Prioritätenliste alarmiert werden. Sie richtet sich danach, wie lange der Notarzt bis zum Unfallort braucht, und ist für jeden Ort im früheren Regierungsbezirk Trier aufgestellt. Für Daun ist demnach der erste Notarzt, der alarmiert werden würde, der vor Ort. Es folgen der am Krankenhaus Wittlich stationierte Rettungshubschrauber (acht bis neun Minuten bis Daun), der Notarzt aus Gerolstein (20 Minuten), der Rettungshubschrauber aus Luxemburg (25 Minuten) und der Notarzt aus Wittlich (25 Minuten). Bei den Hubschraubern ist zu beachten, dass sie weder nachts noch bei Sturm und Schnee fliegen. (mh)

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