Kalte Füße und kuriose Koalitionen

DAUN/GEROLSTEIN. Bei der TV-Brennpunkte-Tour mit den fünf Wahlkreiskandidaten standen in Daun die Themen Bildung und Existenz zweier Gymnasien nebeneinander im Zentrum. In Gerolstein ging es um Polizeipräsenz und Innere Sicherheit.

Das Wetter meinte es nicht gut mit den Wahlkämpfern: Minusgrade und eisiger Wind sorgten dafür, dass kaum ein Bürger in Daun und Gerolstein die Chance wahrnahm, alle fünf Landtagswahl-Direktkandidaten des Wahlkreises 20 versammelt vorzufinden und ihnen auf den Zahn zu fühlen. Und so zog es der Polit-Tross nach einiger Zeit des Ausharrens und mit kalten Füßen vor, sich in warme Stuben zurückzuziehen. Bewusst gewählter Treffpunkt in Daun war die Ganztagsschule am Thomas-Morus-Gymnasium (TMG), wo der Moderator, TV-Redakteur Stephan Sartoris, die Thematik "Bildungspolitik vor Ort" auf zwei Fragen zuspitzte. Erstens: Soll, um künftig deren Existenz zu sichern, die Ganztagsschule am TMG für Schüler des gesamten Schulzentrums Daun geöffnet werden? CDU-Kandidat Herbert Schneiders nahm die Frage zum Anlass, seine grundsätzliche Position darzulegen. "Unter Ganztagsschule verstehe ich verpflichtenden Unterricht bis 16 Uhr und nicht - wie es ist - eine Verwahrung der Kinder über Mittag unter dem Dach einer Schule", sagte er - und provozierte heftige Reaktionen. Von SPD-Kandidatin Astrid Schmitt: "Das ist doch keine Verwahranstalt, sondern ein echtes pädagogisches Angebot." Von TMG-Elternsprecher Dieter Brill, zugleich Dauner CDU-Parteikollege: "Verwahrt wird hier nicht, auch wenn es anfangs mit externen Kräften Probleme gab." Und vor allem vom Hillesheimer Grundschullehrer Christian Linden, zugleich GTS-Vorreiter im Kreis Daun, dem sich angesichts solcher Aussagen "die Nackenhaare sträuben". Er sagte: "Wir arbeiten auf Basis eines schlüssigen Konzepts, bei dem die nicht-pädagogischen Fachkräfte wichtiger Bestandteil sind und die Schule enorm voranbringen, weil sie Naturtalente sind. Die haben ein Können, das man nicht auf der Uni lernt." Dennoch forderte er, dass das Thema Ganztagsschule künftig in der Lehrerausbildung gelehrt werden müsse. Einer Ausweitung der Ganztagsschule auf das gesamte Dauner Schulzentrum erteilte er aber eine klare Absage. "Dann müssten die Konzepte von fünf Schulen unter einen Hut gebracht werden, und das funktioniert nicht." FDP-Ersatzkandidat Alfred Cornesse (FDP), der für den erkrankten Edmund Geisen in die Bresche sprang, sprach sich für eine Beibehaltung der freiwilligen Ganztagsschule aus. Nicht so eindeutig hingegen die Position des Grünen-Kandidaten Karl-Wilhelm Koch. Er sagte: "Die Ganztagsschule müsste so attraktiv sein, dass selbst Eltern, die Zeit haben, sagen: In der Schule bekommt mein Kind mehr mit, es muss einfach da hin." Ein klares Ja auf die Frage nach der GTS-Ausweitung wiederum gab SPD-Frau Schmitt. "Kooperation ist absolut notwendig" , sagte sie. Und zwar auch als Antwort auf die zweite zentrale Frage des Moderators: der nach dem Sinn zweier Gymnasien in Daun. Während Schmitt sagte: "Wir kommen um eine Zusammenlegung nicht herum", ist dies für Schneiders "jetzt und auch in fünf Jahren noch kein Thema". Er meinte: "Wir werden agieren, wenn das Thema drängt." Koch wiederum machte sich ebenso wie WASG-Kandidat Michael Stienz dafür stark, flächendeckend im Kreis die Möglichkeit anzubieten, das Abitur machen zu können. Kommentar von Schneiders und Schmitt: "Realitätsfern." Und es gab weitere unerwartete Koalitionen. Gegen die von der CDU vorgeschlagene Regeleinschulung für Fünfjährige sprach sich nicht nur Schmitt aus. FDP-Mann Cornesse sagte zur Überraschung aller: "Ich stimme hier der Position der Grünen zu: gegen die Zwangseinschulung und dafür, die vorschulische Bildung im Kindergarten zu stärken." Eine stärkere Polizeipräsenz auf der Wache in Gerolstein - nämlich rund um die Uhr - forderten die Kandidaten von FDP, WASG und CDU. Schneiders sprach gar von einer "Mangelverwaltung, da allein für die Region Trier immer noch 60 Polizisten fehlen". Erwartungsgemäß wies Schmitt diesen Vorwurf mit Verweis auf eigene "Zahlenspiele" zurück. Ebenso wie Koch und unter Berufung auf den Dauner Polizei-Chef Thiel meinte sie, dass zwei regelmäßige Streifen für eine ausreichende Polizeipräsenz sorgten und dass ab August dieses Jahres die Polizei im Kreis Daun "optimal besetzt" sei. Dann werden fünf weitere Beamte eingestellt. (weiterer Bericht folgt)

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