Karlswiege oder schlicht eine Augenweide

MÜRLENBACH. Sie gilt als Wiege Karls des Großen - was jedoch wissenschaftlich nicht bestätigt ist - und ist heute in der Eifel einer der attraktivsten Anziehungspunkte nicht nur für Geschichtsinteressierte und Liebhaber alter Gemäuer: die Bertradaburg im idyllischen Kylltal in Mürlenbach.

Nach einer Überlieferung soll Bertrada die Ältere, die 721 mit ihrem Sohn Charibert das Kloster Prüm zum ersten Mal gründete, die Burg in Mürlenbach bereits bewohnt und diese auch errichtet haben. Das lässt sich jedoch nicht bestätigen. Bestätigt ist durch eine Urkunde aus dem Jahr 751 hingegen, dass die Eltern Karls des Großen, Pippin der Kleine und Bertrada die Jüngere, zugleich die Besitzer der Burg, das Kloster Prüm nochmals gründeten. Die Burg diente in dieser Zeit als Festung der Abtei Prüm gegen das Kurfürstentum Trier. Im Jahr 742 wird Karl als ältester Sohn Pippins geboren. Im Lauf seines Lebens erschafft er nach zahlreichen Schlachten sein Großreich und wird 800 zum Kaiser gekrönt. 814 stirbt er und wird im Münster zu Aachen beigesetzt.Fundstücke aus keltischer Zeit

Mürlenbach erscheint bereits 893 im "Prümer Urbar". Es wird vermutet, dass die Burg auf wesentlich ältere Vorgänger zurückblicken kann. Am Fuß des Burgbergs wurden Tongefäße aus keltischer Zeit zwischen 450 und 250 vor Christus gefunden, ebenso Steine mit römischen Inschriften. Die doppeltürmige Torburg mit dem durch hohe Mauern und Flankierungstürme umschlossenen Burghof stammt nach heutiger Schätzung aus dem späten 13. Jahrhundert. Als Erbauer der Burg käme dann Abt Heinrich von Prüm in Frage. Er stammt aus dem Geschlecht derer von Schönecken, ist 1291 Abt geworden und stand dem Kloster fast ein halbes Jahrhundert vor. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Burg zu einer Festung ausgebaut. Trotzdem fiel sie 1576 kampflos an Kurtrier. Noch 1598 ließ der Trierer Kurfürst und Erzbischof Johann von Schönberg die Burg zu einer Bergfestung ausbauen, woran noch ein Wappenstein auf der Burg erinnert. Während der französischen Besatzung ab 1794 wurde die schon verfallene Burg an einen Privatmann verkauft. Im Lauf des 19. Jahrhunderts befanden sich eine Schreinerei und eine Brauerei in der Burg. Mitte des 19. Jahrhunderts interessierte sich dann die preußische Denkmalpflege für die Burg mit dem doppeltürmigen Torbau und erwarb sie 1889. Der ehemalige Besitzer durfte aber weiterhin auf der Burg wohnen. In der Wirtschaftskrise 1931 kaufte der aus Mürlenbach stammende blinde Jurist Dr. Peter Plein die Burg und richtete sich dort seinen Alterssitz ein. Seit 1976 ist der private Teil der Burg Eigentum der Familie Prof. Dr. Klaus Tiepelmann, die das Gemäuer umfassend restaurierte. Sie sicherte die Reste der Geschützbastionen, errichtete den zweigeschossigen Treppenturm und baute das Handwerkerhaus im Burghof zu einer Weinstube mit zwei Ferienwohnungen aus. Danach begann die Schlösserverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz mit der Restaurierung, Ergänzung und Bedachung der Torburgruine. Die Bertradaburg ist heute für Besucher geöffnet. Besichtigungen der Anlagen und Führungen durch den fünfgeschossigen Torbau finden jeden Sonntag, 15 Uhr, statt. Von Mai bis September werden zudem zahlreiche Kulturveranstaltungen auf der Burg angeboten. Nähere Informationen zu den Führungen und Veranstaltungen unter Telefon 06594/864.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort