Kein Bus – keine Arbeitskräfte

WIESBAUM. 60 Leute einstellen will die Firma WKV in Wiesbaum. Doch sie findet kein Personal. Das liege unter anderem an der fehlenden Busverbindung ins Industriegebiet, klagt Firmenchef Volker Wolf. Er erwägt daher, Teile des Unternehmens in Großstädte zu verlagern. Morgen ist eine Krisensitzung, unter anderem mit Landrat Onnertz, anberaumt.

Volker Wolf meint es ernst. Wegen des Personalmangels hat er kürzlich knapp 1000 Quadratmeter seiner Mietfläche im Higis gekündigt - darunter die gesamte obere Etage mit den Call-Center-Büros einem Fitness-Raum und dem angrenzenden Kindergarten. Er sagt: "Mit dem jetzigen Personal kommen wir leicht auf der unteren Etage klar." Die meisten Telefonsäle stehen leer, obwohl er "Arbeit ohne Ende" habe, aber "keine Leute bekomme", sagt Wolf. Als einen Hauptgrund dafür sieht er die fehlende Anbindung des Gewerbeparks ans ÖPNV-Netz. "Das Arbeitsamt sagt mir, dass 40 Prozent der Leute, die potenzielle Kandidaten wären, nicht in Frage kommen, weil sie kein Auto haben", berichtet Wolf, der der Auffassung ist: "Wenn ich ein Gewerbegebiet baue, muss ich auch dafür sorgen, dass die Leute dort hin kommen können."Firma finanziert eigene Krabbelstube

Der Unternehmer wünscht sich eine Buslinie von Montag bis Samstag. Morgens sollte ein Bus aus Richtung Hillesheim zwischen 8 und 8.30 Uhr im IGP ankommen, mittags gegen 14.30 Uhr sollte einer die Frühschicht abholen und nach Hillesheim transportieren sowie die Spätschicht zur Arbeit bringen. Zudem wäre ein Bus zwischen 20 und 21 Uhr nötig, der die Spätschicht abholt und in Richtung Hillesheim bringt. Die Chancen dafür stuft Heinz-Peter Hoffmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung, die für den ÖPNV verantwortlich ist, als gering ein. Für das IGP gelte dasselbe wie für andere Gewerbegebiete im ländlichen Raum: "Wegen der unterschiedlichen privaten Bedürfnisse, der verschiedenen Zeitwünsche und Zielorte bei meist sehr geringen Nutzerzahlen ist eine Einrichtung von öffentlichen Linien nur schwer möglich." Derzeit ermittele die Verbandsgemeinde Hillesheim den Bedarf. Hoffmann sagt: "Wichtig ist, dass die Betroffenen nicht wage Absichtserklärungen, sondern klare und verbindliche Aussagen treffen." Eine klare Aussage trifft Lilo Schnurrbach (48) aus Densborn. Die Alleinerziehende hat nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit im Dezember 2004 bei der WKV einen Job gefunden - und bald darauf schon um ihn gebangt. Bei einem Unfall wurde ihr Wagen nämlich total demoliert. "Ich dachte, das war's jetzt mit dem Job", erzählt sie, "und war fix und fertig." Denn von Densborn nach Wiesbaum zu kommen, sei ohne Auto unmöglich. Doch der Hilfe von Freunden und ihres neuen Chefs sei es zu verdanken, dass sie bald wieder ein Auto hatte und den Job behalten konnte. Sie habe auch schon etliche Praktikanten aus Hillesheim im Auto mitgebracht, "da sie sonst keine Chance gehabt hätten, und das kann es ja wohl nicht sein".Wolf: Kreis kümmert sich zu wenig um Arbeitsplätze

Seit fünf Jahren mache er auf das Thema aufmerksam, berichtet Wolf, doch erst jetzt - mit der Kündigung der Räume - sei das Interesse in den Behörden geweckt worden. An der Krisensitzung am morgigen Dienstag im Higis nehmen unter anderem Landrat Heinz Onnertz, Hillesheims Bürgermeisterin Heike Bohn und Alfred Bauer, Chef der Wirtschaftsförderung des Kreises, teil. Apropos Kreis: Auf den ist Arbeitgeber Wolf aus einem weiteren Grund nicht gut zu sprechen. "Die Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung läuft auch bei der Suche nach Mitarbeitern nur schleppend." So habe er bereits im Februar auf seinen Bedarf an 60 Arbeitskräften aufmerksam gemacht, "aber es tut sich nichts". Diese Kritik weist Hoffmann als "gleichermaßen falsch wie unverschämt" zurück. Er sagt: "Herrn Wolf wurden Bewerbervorschläge im zweistelligen Bereich unterbreitet." Der Unternehmer wiederum sagt, dass er gegebenenfalls bereit sei, die Kündigung der Räumlichkeiten zurückzunehmen. "Eigentlich wollen wir hier bleiben, denn wir stehen dazu, was wir bei unserem Start gesagt haben: dass wir hier Arbeitsplätze schaffen und familienfreundlich sein wollen." Momentan sei die Kinderkrippe aber nur noch ein Kostenfaktor mit relativ geringem Nutzen: Von den 40 Plätzen für Krabbelkinder sind lediglich sechs besetzt. Wolfs Fazit: "Woanders würde man uns die Bude einrennen."

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