Keine Rücksicht auf Liebeskummer

DAUN. In der Region Trier einzigartig: Nur noch vor dem Dauner Amtsgericht kommen Soldaten wegen Fahnenflucht oder Fernbleiben von der Truppe vor den Kadi, weil die Garnisonsstädte Daun und Gerolstein zum Gerichtsbezirk gehören. Neben den Delikten nach dem Wehrstrafgesetzbuch müssen sich Soldaten auch wegen Kirmesschlägereien oder Drogenhandel in der Kaserne verantworten.

Alle zwei Monate zückt Richter Hans Schrot das Wehrstrafgesetzbuch (WStGB). Die Soldaten sitzen dann auf der Anklagebank, weil ihnen "eigenmächtige Abwesenheit von der Truppe" oder sogar "Fahnenflucht", wenn sie sich dauerhaft dem Wehrdienst oder dem Waffeneinsatz entziehen wollen, vorgeworfen wird. Der erfahrene Richter sagt: "Meistens gehen Wehrpflichtige wegen privater Probleme auf Tauchstation."Bis zu fünf Jahre für Fahnenflucht

Die jungen Männer, meist Anfang 20, plagt Heimweh oder Liebeskummer. Doch darauf nimmt das WStGB keine Rücksicht: Für die beiden Vorwürfe ist als Strafmaß Geldstrafe nicht vorgesehen. Für drei Tage und längeres Fernbleiben von der Truppe stehen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe an, für Fahnenflucht bis zu fünf Jahre. Doch dieses Strafmaß reizt Schrot fast nie aus. Er sagt: "Meist lautet das Urteil über eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr auf Bewährung." In der Kaserne hat das für die Soldaten andere Konsequenzen. Egbert Fikowski, Kommandeur der Gerolsteiner Eifelkaserne, erklärt: "Meist müssen sie bis zu 21 Tage in Disziplinararrest, und manchmal folgt auch eine medizinische Untersuchung auf psychische Probleme." Die Tage im "Bau" müssen die Wehrpflichten nachdienen. Aber hinter den Kasernentoren passieren auch andere Straftaten wie Körperverletzungen und Drogenhandel. Richter Schrot meint: "Die Bundeswehr ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Da kommt alles vor." Oberstleutnant Fikowski ist anderer Meinung. Er sagt: "Es ist ein Trend festzustellen, dass die Grundwehrdienst- und die bis zu 23 Monate freiwillig Dienstleistenden beruflich und schulisch niedriger qualifiziert sind. Etliche sind ohne Berufsausbildung." Nach seiner Meinung kommen "Problemkandidaten auch aus Problembereichen". Michael Jabs, Oberstleutnant in der Dauner Heinrich-Hertz-Kaserne, will sich nicht anschließen: "Die Masse der Soldaten ist nicht bildungsfern." Bei Schlägereien und Drogendelikten werde immer die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Beide Kommandeure versichern: "Es wird nichts unterm Deckmäntelchen gehalten. Es gibt kein Pardon, wenn das Ansehen der Bundeswehr angegriffen wird." Neben der öffentlichen Strafverfolgung muss der beschuldigte Soldat vors Truppendienstgericht. Dann können Beförderungssperren, Degradierungen oder gar Entlassungen ausgesprochen werden. Wie im Fall des Soldaten, der in der Eifelkaserne mit Drogen gedealt hatte. Kommandeur Fikowski: "Das war ein Zeitsoldat, und der hat den Rock für immer ausgezogen." Allerdings sei es eher selten, dass Soldaten aus höheren Laufbahnen straffällig würden. Momentan sind noch drei Soldaten der Eifelkaserne in einen Prozess vor dem Dauner Amtsgericht verwickelt. Einer von ihnen prügelte sich mit einem 23-jährigen Monteur aus der Verbandsgemeinde Hillesheim beim Sprudelfest im August 2006. Dem Soldaten, der eine geplatzte Oberlippe und Zahnschmerzen davontrug, und dem Monteur, dessen Kopfwunde mit 26 Stichen genäht werden musste, wird vor Gericht gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Gegen die Streithähne laufen zwei separate Verfahren. Die zwei anderen Soldaten fungieren als Zeugen. Der Prozess gegen den Monteur musste auf Mittwoch, 11. April, verschoben werden. Ein Zeuge war noch im Auslandseinsatz, und sein Kontrahent war zur Verhandlung Mitte Februar erst gar nicht erschienen. Der Soldat muss dafür 150 Euro Ordnungsgeld zahlen. Weitere Strafen folgen.

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