Kleiner Fisch am Ende der Kette

DAUN. Eine 40-jährige Frau aus der Verbandsgemeinde Kelberg hat einem Schleuserring geholfen, Visa-Anträge bei den Ausländerbehörden durchzuboxen. Dafür hat sie gegen Geld so genannte Verpflichtungserklärungen unterschrieben. In einem Prozess vor dem Amtsgericht ist sie dafür verurteilt worden.

"Sie ist ein kleiner Fisch am Ende der Kette des Schleuserringes, aber auch die sind wichtig, weil die Köpfe des Ringes für die Antragsstellungen bei den Behörden immer wieder neue Gesichter brauchen", erklärte Staatsanwalt Thomas Grawemeyer zu Beginn der Verhandlung vor dem Dauner Amtsgericht. Ausländer nicht persönlich gekannt

Die arbeitslose und allein erziehende vierfache Mutter hatte bei der Dauner Kreisverwaltung zwischen Februar und November 2004 neun Verpflichtungserklärungen für elf Ausländer, die sie gar nicht kannte, unterschrieben. Für die ersten Unterschriften kassierte sie 100 Euro, später nur noch 75 Euro. "Davon musste ich aber auch die 20 Euro Gebühren bezahlen", rechnete die Hartz-IV-Empfängerin vor. Außerdem habe sie dem Beamten gesagt, dass sie die Ausländer gar nicht persönlich kenne. Sie seien Verwandte von Bekannten. Im zweiten Halbjahr 2004 hatte sie dann noch eine Mittäterin gesucht, die nach dem gleichen Muster für den Schleuserring arbeitete. Aufgeflogen waren die Machenschaften durch Ermittlungen der Bundespolizei in Saarbrücken. Insgesamt neun Prozesse, auch gegen den "Schleuser-Kopf" Dieter G., resultieren daraus. Die unauffällig wirkende Angeklagte (dezent geschminkt, die langen, dunklen Haare zum Zopf gebunden, kaum Schmuck, in Jeans und Pullover) gehörte zum Freundeskreis von G.. Er war sogar ihr Trauzeuge. Die Angeklagte gestand und bereute die Taten. Ihr Verteidiger Jörg Mühlenfeld sagte im Plädoyer: "Sie ist keine Durchschnittstäterin, weil sie mehr als naiv aus einer finanziellen Notlage heraus gehandelt hat. Sie war einfältig und legt äußerst geringe kriminelle Energie an den Tag." Vielmehr habe Dieter G. ihr vorgegaukelt, "eine gute Tat mit den Unterschriften zu vollbringen". Alles sei legal, was sie auch daran sehe, dass sich alles auf dem Amt vor den Augen der Beamten abspiele. Staatsanwalt Grawemeyer hielt dagegen: "Dass die Ausländer hier nicht nur zu Besuch sein wollten, hätte die Angeklagte sehr wohl erkennen müssen. Die wollten hier arbeiten und dann untertauchen. Hier sollten Schwachstellen systematisch ausgenutzt werden, und das muss hart bestraft werden. So was kann der Staat nicht dulden." Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren könnten dafür zu Buche schlagen. In Anbetracht des Geständnisses, der Reue, der sozialen Position und weil die Angeklagte zu den Tatzeitpunkten nicht vorbestraft war, forderte Grawemeyer 1000 Euro Geldstrafe."Angemessen schmerzhaft"

Richter Hans Schrot berücksichtigte im Urteil noch einen Strafbefehl vom 10. Mai 2005, der wegen Anstiftung zu einer Straftat gegen die Angeklagte ausgestellt wurde, und setzte die endgültige Geldstrafe auf 560 Euro fest, plus der Verfahrenskosten. "Das ist für ihre persönlichen Verhältnisse angemessen schmerzhaft", sagte Schrot. Verteidigung und Staatsanwaltschaft akzeptierten das Urteil, damit ist es rechtskräftig. Übrigens: Keiner der neun Visa-Anträge hat bei der Kreisverwaltung Erfolg gehabt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort