Klippel geht, Kreitz kommt, Knatsch bleibt

Daun-Steinborn · Edwin Kreitz aus Hillesheim ist neuer Geschäftsführer der Grünen im Kreis Vulkaneifel. Die Vorstandswahl war ebenso turbulent wie die Diskussion um das Kritikpapier von Karl-Wilhelm Koch und Mitstreitern an der Landespartei und deren Führungsmannschaft. Koch musste dafür harsche Worte einstecken.

Daun-Steinborn. Äußerst turbulent ging es - mal wieder - bei der Zusammenkunft der Grünen des Kreises Vulkaneifel zu. Diesmal mit Ansage: Denn das Papier "Mehr Mut zu mehr Grün!", das das Ex-Kreistagsmitglied und ehemaliger Geschäftsführer der Kreisgrünen, Karl-Wilhelm Koch, mit weiteren Parteimitgliedern aus Rheinland-Pfalz veröffentlicht hatte, sorgte für Zoff.
Erstens wurde der Inhalt des Papiers kritisiert, das 66 Grüne aus Rheinland-Pfalz unterschrieben hatten, davon fünf aus dem Kreis Vulkaneifel. Im Schreiben behaupten Koch & Co., dass sich die Grünen Führungskräfte "vom Koalitionspartner SPD in vielen wichtigen Themen klein halten ließen" und "kritische Stimmen werden unterdrückt". Die Gruppe spricht sich für eine "Erneuerung der lebendigen und basisdemokratischen Debattenkultur" und gegen eine "starre Politik des Machterhalts" aus.
Zweitens fanden viele die Vorgehensweise von Koch schlecht, denn er hatte seine Thesen im Vorfeld nicht im Kreisverband vorgestellt beziehungsweise diskutiert. Koch begründete das so: "Bei der Listenaufstellung zum Kreistag bin ich kalt abserviert worden, und auch bei der Besetzung der Ausschüsse fand ich keine Berücksichtigung. Offensichtlich ist meine Mitarbeit auf Kreisebene nicht mehr erwünscht."
Harte Worte


Peter Kühbach, der nach eigener Aussage seit 16 Jahren mit Koch im Kreisverband zusammenarbeitet, sagte: "Mir schwillt der Kamm: Du forderst mehr Basisdemokratie ein, hast aber selbst nicht einmal versucht, dich hier an die Basis zu wenden. Genauso wie als Kreisgeschäftsführer. Da hast du auch wie ein absoluter Führer agiert." In die gleiche Kerbe schlug Waltraud Rexrodt. Sie sagte zu Koch: "Unter deiner Herrschaft ging der Kreisverband immer weiter bergab." Kühbach nannte das Vorgehen "heimtückisch" und "zerstörerisch für den Kreisverband". Denn jetzt hieße es wieder, die Grünen des Kreises Vulkaneifel zettelten erneut eine Revolte an - wie zuletzt in Sachen Windkraft. Daher hat sich der erweiterte Vorstand auch gegen das Positionspapier gestellt und sich davon distanziert, wie Dietmar Johnen, Fraktionsvorsitzender im Kreistag und Landtagsmitglied, betonte. Er sagte: "Das Papier ist starker Tobak, eine Zumutung. Es enthält Unterstellungen und falsche Behauptungen." Landesgeschäftsführer Thomas Petry, aus gutem Grund seit geraumer Zeit Dauergast im quirligen Kreisverband Vulkaneifel, konkretisierte: "Die Aussage ,Die Mitglieder wenden sich von uns ab\' ist schlicht unwahr: Wir haben seit 35 Jahren die besten Kommunalwahlergebnisse erzielt und 200 Mitglieder mehr in den Kommunalparlamenten vertreten. Und wir haben in der Regierung so viel von unserer Politik umsetzen können wie noch nie." Im Übrigen kenne er keinen Kreisverband im Land, der die Thesen mehrheitlich unterstütze. Besonders ärgert ihn, die von Koch & Co. angestoßene und seit Wochen laufende "Schwarz-Grün-Debatte". Er sagte: "Ich stelle mir gerade vor, wie das so ist, wenn jemand in der Partnerschaft sagt: Du, in zwei Jahren könnte ich mir was anderes vorstellen." Koch entgegnete nur anfangs auf die in Teilen sehr scharfe Kritik - später kommentierte er den Verlauf der Sitzung nur noch mit spitzen Zwischenbemerkungen. Zu Beginn sagte er: "Das Papier ist kein Ja zu einer schwarz-grünen Koalition, sondern wir sagen: Die Grünen sollten mit einer offenen Koalitionsaussage in den Landtagswahlkampf 2016 ziehen und danach abwägen, mit welchem Partner sie am meisten grüne Politik umsetzen können und am wenigsten Kröten zu schlucken hätten."
Als er dann noch meinte, "die Umfragewerte für die Grünen im Land sind in jüngster Zeit gestiegen", drohte einigen Anwesenden vollends der Kragen zu platzen. "Aber bestimmt nicht wegen dieses Papiers", meinte Petry.
Meinung

Schmerzhaft
Ex-Kreisgeschäftsführer Klippel, hat einen guten Job gemacht: Er hat - so gut es geht - moderiert. Und als es sein musste, auf den Tisch gehauen - wie vor der Listenaufstellung zum Kreistag. So wurden unter seiner Führung Partei und Kreistagsfraktion neu aufgestellt und neben den Personal-, auch Themendiskussionen geführt. Dadurch wurde die Partei wieder für neue Mitglieder attraktiv. Sein Abgang ist für die Grünen schmerzhaft. Wie geht es weiter? Einerseits gibt es in der Vulkaneifel genügend urgrüne Themen wie Energie- und Verkehrspolitik. Andererseits muss sich die neue Führungsriege erst einspielen. Außerdem schaffen es die Grünen im Kreis seit jeher spielend leicht, sich und ihr Umfeld zu erschüttern - wie durch den jüngsten Vorstoß von Karl-Wilhelm Koch oder das kalte Abservieren ihres altgedienten Kassierers. Wen würde wundern, wenn Klippel schon bald wiederkommt? m.huebner@volksfreund.deExtra

... Rainer Klippel (41) aus Pützborn, Ex- Kreisgeschäftsführer der Grünen: Wie fällt nach vier Jahren an der Spitze des Grünen-Kreisverbands Ihre Bilanz aus? Rainer Klippel: "Gut. Die Zahl unserer Mitglieder ist von 26 auf 42 gestiegen, wir haben bei den jüngsten Kommunalwahlen gute Ergebnisse erzielt und in fast allen Räten zugelegt. Und wir haben ein gutes Miteinander an der Tag gelegt - zumindest weitestgehend." Das kann man auch anders sehen: Warum haben die Grünen im Kreis Vulkaneifel ganz offensichtlich Selbstzerfleischungstendenzen? Klippel: "Weil wir in unseren Reihen viele Persönlichkeiten beziehungsweise spezielle Charaktere haben. Die unter einen Hut zu kriegen, ist schwer bis unmöglich." Wie sieht Ihr künftiges politisches Engagement aus? Klippel: "Der Schritt, mich vom Geschäftsführerposten zurückzuziehen, ist mir nicht leicht gefallen, aber Job, Familie, Parteiarbeit und nun eben auch noch Hausbau schaffe ich nicht. Aber ich verschwinde ja nicht komplett von der Bildfläche, sondern bin ja beispielsweise nach wie vor für die Grünen im VG-Rat Daun. Und für die Zukunft schaun wir einfach mal." (Das Gespräch führte unser Redakteur Mario Hübner)

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