Kollege Roboter kitzelt nun die Kuhzitzen

DREIS-BRÜCK. Bei Bauer Werner Wirtz vom Wiesenhof hat im Stall die Zukunft schon begonnen. Statt der überall gebräuchlichen Melkanlage hat ein Roboter das Melken der Kühe nun "in die Hand" genommen. Diese technische Lösung ist zukunftsweisend, aber auch teuer.

Die Zeiten des Handmelkens sind schon lange vorbei, und nur die Älteren erinnern sich noch daran. Stattessen gibt es seit Mitte der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Melkanlage, die den Bauern viel Arbeit abnimmt. Doch auch diese technische Entwicklung bekommt in unserem HightechZeitalter jetzt Konkurrenz. Kollege Roboter ist auch im bäuerlichen Stall auf dem Vormarsch und drängt mit Macht an die Kuhzitzen. Werner und Bettina Wirtz vom Wiesenhof in Dreis haben jetzt in die Zukunft investiert und den ersten Melkroboter im Kreis Daun angeschafft. "In anderen Gebieten der Eifel gibt es schon einige, manche wurden aber auch wieder ausgebaut, weil sie nicht richtig funktionierten. Hier in der Gegend ist die Skepsis grundsätzlich noch groß gegenüber den Anlagen", sagt der 42-jährige Werner Wirtz, der mit Ehefrau Bettina und seinen Eltern in Dreis-Brück einen Aussiedlerhof mit 70 Kühen und 65 Jungtieren in der Nachzucht betreibt. Seit 1967 lebt die Familie hier, und so alt war auch die herkömmliche Melkanlage. Zwei Stunden musste jeden Tag gemolken werden, aber irgendwann konnten die Eltern nicht mehr helfen, das war allen klar. An der neuen Technik war Werner Wirtz immer interessiert, und so schaute er sich mit seiner Frau und dem Vater einige Melkroboter auf anderen Höfen an. Von dem, was er sah, war er begeistert. Vor drei Monaten wurde nun nach einigen Umbauten der Melkroboter "Astronaut" einer holländischen Firma eingebaut. Ganz billig ist Kollege Roboter nicht. Einen sechsstelligen Betrag im unteren Bereich muss man schon investieren, um die neueste Technik im Stall zu haben. "Die meisten Leute können sich gar nichts unter einem Melkroboter vorstellen. Die denken, da läuft ein Roboter im Stall herum", sagt Bettina Wirtz. Die Kühe des Wiesenhof begaben sich von Anfang an gern in die computergesteuerten "Hände" ihres neuen Melkers. "Nach zehn Tagen gingen schon 80 Prozent der Kühe von selbst zum Roboter, nur einige wollten nicht sofort, aber irgendwann überwanden sie ihre Scheu. Grundsätzlich hat der Start sehr gut geklappt", freut sich Werner Wirtz. Jede Kuh wird durch einen Chip an einem Halsband identifiziert, Euter und Zitzen werden vor dem Melkvorgang von weichen Bürsten automatisch gereinigt und mit einem Laser abgescannt, um die Lage der Zitzen zu erkennen. In wenigen Sekunden werden dann automatisch die Melkbecher über die Zitzen gestülpt. Zudem wird die Kuh gewogen, wenn sie in der Anlage steht, und bekommt während des Melkvorgangs noch Futter. Die Vormilch wird, wie beim konventionellen Melken, abgeleitet. Alle Daten, betreffend Melkgewohnheiten und Milchmengen, werden im Viehmanagementprogramm des Computers gespeichert. Dreimal am Tag kontrolliert Werner Wirtz die Daten und prüft sie auf eventuelle Probleme bei der Kuh. "Vorher wurden die Kühe morgens und abends gemolken, jetzt gehen manche von ihnen fünf- bis sechsmal am Tag in die Anlage. Man merkt schon einen Unterscheid", erklärt Bettina Wirtz. Glückliche Kühe: Im Stall des Wiesenhofes können sie selbst entscheiden, wann sie fressen, ruhen oder gemolken werden möchten.Jetzt herrscht viel mehr Ruhe in der Herde

Diese Selbstständigkeit der Kühe hat positive Auswirkungen auf die gesamte Herde im Stall und auf die Arbeitsbedingungen des Bauers. Werner Wirtz: "Es ist jetzt viel mehr Ruhe in der Viehherde, und ich kann mich durch die Zeitersparnis viel intensiver um einzelne Tiere kümmern." Neben der Arbeitserleichterung im Stall profitiert auch die Familie von dem elektronischen Helfer. "Der Tagesablauf hat sich total verändert und ist angenehmer geworden, weil ich mehr Zeit für unsere drei Kinder habe. Bauer zu sein macht so einfach mehr Spaß", sagt Werner Wirtz. Ehefrau Bettina bestätigt dies: "Der Stress und Druck, immer zur selben Zeit melken zu müssen, ist weg. Wir können mal zusammen ausgehen, und auch für die Kinder ist es jetzt schöner. So haben sie auch den Vater mal dabei, wenn sie etwa zur Musikschule gehen."

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