Kooperation und Konkurrenz

DAUN. Auch wenn die Lage auf dem Papier gegenüber den Nachbarkreisen noch relativ günstig aussieht, sehen Kommunalpolitiker auf den Kreis Daun große Herausforderungen durch einen Bevölkerungsrückgang zukommen.

"Kooperation oder Konkurrenz?" ist beim Thema "Bevölkerungsrückgang und seine Folgen" die Frage. Muss eine stärkere Zusammenarbeit, forciert von der Politik, zur Abschwächung der Auswirkungen beitragen oder werden die Kommunen in einen harten Konkurrenzkampf treten - um Einwohner, Erwerbstätige und Unternehmensansiedlungen?Für Karl-Peter Bruch, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Innenministerium, wird beides kommen: "Wir werden eine Konkurrenz der Räume erleben", sagte er im Forum Daun, wo er auf Einladung der SPD-Kreistagsfraktion vornehmlich mit Kommunalpolitikern über das Thema "Land ohne Leute" diskutierte. Gleichzeitig müsse Zusammenarbeit gefördert werden. Ein Beispiel: Um brachliegende Gewerbegebiete in Zukunft zu verhindern, könnte dem Wunsch vieler Orte nach eigenen Gebieten dadurch der Wind aus den Segeln genommen werden, dass es höhere Investitionszuschüsse für Gemeinschaftsprojekte mehrerer Gemeinden gibt.Entwicklung findet in den Kommunen statt

Aber für Bruch kommen Instrumente des Landes erst an zweiter Stelle. "Die Entwicklung wird nicht in Mainz stattfinden, sondern in den Kommunen". Bruch warnte vor der Einschätzung mancher Kommunalpolitiker, der Kelch sinkender Einwohnerzahlen gehe an ihm vorbei, solange er nur eine gute Infrastruktur bereitstelle. "Aber woher sollen die Leute kommen", entgegnet Bruch solchen Einschätzungen. Nach Prognosen des statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz werden 2050 eine Million weniger Rheinland-Pfälzer, dafür 50 Prozent mehr ältere Menschen im Land leben. Im Kreis Kreis Daun schrumpft die Bevölkerung maximal um 20 Prozent, von heute knapp 65 000 rund 52 000 Einwohner. Dass im Landkreis Daun die Entwicklung nicht ganz so scharf zu Tage treten wird, hängt mit positiven Bevölkerungseffekten durch den Zuzug von Aussiedlern nach der Wende zusammen.Auch wenn Bruch vor allem dem "intakten sozialen Umfeld" das Wort redet, spielt für Gerolsteins Stadtbürgermeister Georg Linnerth auch die Infrastruktur eine große Rolle in der Frage, ob sich künftig Familien in Ortschaften niederlassen oder nicht. Solche Zentren, die ihre Infrastruktur halten oder verbessern, werden Einwohnerzuwächse bekommen. "Teilräume werden gewinnen, nicht aber das gesamte Land. Ich bin neugierig, wer das Rennen macht."Dieser Konkurrenzkampf dürfte auch vom Angebot an Arbeitsplätzen geprägt sein. "Die Leute gehen dahin, wo die Arbeitsplätze sind", bemerkte Kreistagsmitglied Wilfried Jax.Erste Anzeichen sind schon erkennbar

Obwohl der Abwärtstrend bei den Bevölkerungszahlen den Prognosen zufolge erst ab 2010 für jeden spürbar zum Tragen komme, zeigen sich schon jetzt erste Anzeichen. Sei es in der Geschäftsstruktur (Tim Steen, Mitglied im VG-Rat Gerolstein: "Es kann nicht sein, dass es in einer Stadt wie Gerolstein zwar ein Orthopädiegeschäft gibt, aber keinen Spielzeugladen"), oder im Bereich der Kindergärten. In Hallschlag wird die zweite Gruppe im Kindergarten geschlossen, der Einrichtung in Ormont droht die Schließung (der TV berichtete). Die Kindergärten spüren zuerst einen Rückgang der Geburtenzahlen, dann sind die Schulen dran. "Wir haben in Daun noch zwei Gymnasien mit zwei Oberstufen. Überlegungen werden aufkommen, aus zwei Schulen eine zu machen", sagte Dauns Stadtbürgermeister Wolfgang Jenssen.Den künftigen Bedarf bei anstehenden Investitionen zu bedenken, fordern wegen der Umwälzungen deshalb unter anderem Tim Steen und Hans-Peter Slabik (Mitglied in Kreistag und VG-Rat Daun). Slabik nannte ein aktuelles Beispiel: "Wer ein Parkdeck in Daun bauen will, muss sich trotz zugesagten Landeszuschusses fragen, wie er es in den nächsten 20 Jahren finanzieren will - bei abnehmenden Bedarf."Auf der einen Seite schrumpft die Bevölkerung, auf der anderen Seite nimmt der Anteil älterer Menschen zu. "Sie sind weniger mobil, müssen aber versorgt werden", machte Waltraud Rexroth (Mitglied im VG-Rat Daun) darauf aufmerksam, dass sich gleichzeitig jedoch Post- und Bankfilialen oder Lebensmittelgeschäfte aus den Dörfern verabschieden und Busse manche Ortschaften nur sporadisch anfahren.Wie dieses Dilemma in Zukunft gelöst werden kann, ist eine von vielen offenen Fragen, die in Zukunft beantwortet werden müssen - egal ob in Kooperation oder in Konkurrenz.

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