Ladendieb wird gewalttätig - - Amtsgericht Bitburg verurteilt 29-Jährigen zu Freiheitsstrafe

Bitburg · Vier Personen waren nötig, um einen Ladendieb im Kaufland in Bitburg festzuhalten, bis die Polizei eintraf. Der 29-jährige hatte sich gewaltsam dagegen gewehrt, dass er von Mitarbeitern und Kunden an der Flucht gehindert wurde. Das Amtsgericht Bitburg hat den vorbestraften Mann erneut verurteilt.

Bitburg. War es nur eine harmlose Rangelei? Oder hat der ertappte Ladendieb gewaltsam versucht, sich loszureißen und billigend in Kauf genommen, dass ein Supermarktmitarbeiter dabei verletzt wurde? Diese Fragen hat das Amtsgericht Bitburg gestern in einem Strafprozess geklärt, bei dem ein 29-jähriger Angeklagter zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde. An der Höhe der Strafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, war erkennbar, dass es sich bei dem Vorfall, der sich im November 2016 im Supermarkt Kaufland ereignet hat, nicht um eine Bagatelle handelte. Denn der Ladendieb, den zwei Mitarbeiter mit Hilfe von zwei Kunden an seiner Flucht gehindert und festgehalten haben, wehrte sich mit allen Kräften. Er wollte sich der Festnahme durch die Polizei entziehen. Denn die suchte den 29-Jährigen schon Tage vor seinem Ladendiebstahl, um ihm mitzuteilen, dass er gegen seine Bewährungsauflagen aus einer Vorstrafe verstoßen hatte. Der 29-Jährige war bereits wegen Drogenhandels verurteilt worden und hatte die ihm aufgebrummten Sozialstunden nicht abgeleistet. Im Gefängnis wäre er also so oder so gelandet.

Die Anklage: "Er hat geschrien, dass er auf Bewährung draußen sei und wir ihn laufen lassen müssten", erinnert sich ein Kauflandmitarbeiter, der den Ladendieb, nachdem er die Kasse passiert hatte, unter großer Anstrengung festgehalten hat. Doch das war gar nicht so leicht. "Der hat sich mit allen Kräften gewehrt. Wir haben ihn zu zweit nicht gebändigt bekommen", erinnert sich der Mitarbeiter, der bei der Aktion leicht am Ringfinger verletzt wurde. Mehr als zehn Minuten habe die Rangelei im Kassenbereich gedauert. In deren Verlauf kamen den Mitarbeitern noch zwei "junge Burschen" zu Hilfe. Dann endlich traf die Polizei ein und nahm den Mann fest. Die Ladendetektivin, die den 29-jährigen Hartz-4-Empfänger zuvor im Markt dabei beobachtet hatte, wie er Bockwürstchen, Erdnüsse, Schokoriegel, Bier und Zigaretten im Saum seiner Jacke verschwinden ließ, sagte im Zeugenstand: "In 17 Berufsjahren habe ich noch nie einen schnelleren Ladendieb gesehen. Der wusste genau, was er da tat." Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte der 29-Jährige seine Jacke präpariert und konnte die große Warenpalette durch ein Loch in der Tasche nach hinten in den Saum der Jacke durchschieben. Obwohl er nicht geschlagen oder getreten habe, sei er gewalttätig geworden, als ihn die Mitarbeiter festhielten, erklärte Staatsanwalt Mathias Juchem.
Der Angeklagte habe die Körperverletzung zumindest billigend in Kauf genommen. In seinem Plädoyer forderte Juchem eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten wegen räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung. Aufgrund der geringen Schadenssumme von 23 Euro und der marginalen Körperverletzung sei jedoch von einem minderschweren Fall auszugehen, sagte Juchem.

Die Verteidigung: Rechtsanwalt Karl-Josef Theisges bat um ein mildes Urteil: "Entschuldigen Sie den Ausdruck, aber ich habe noch nie solch eine armes Schwein vertreten", sagte Theisges. Der Angeklagte lebe seit seinem zwölften Lebensjahr in Heimen. Früher im Kinderheim. Später in Obdachlosenheimen. Theisges: "Er hat seit seiner Kindheit keine Chance gehabt, Fuß zu fassen." Seine Mutter sei in der Psychiatrie untergebracht und auch sein Vater habe einen gesetzlichen Betreuer. Der 29-Jährige, der seine Lehre nach dem Hauptschulabschluss abgebrochen habe, lebe seit zehn Jahren von der Sozialhilfe und habe die Grundnahrungsmittel am 18. November stehlen wollen, da er kein Geld mehr gehabt habe und hungrig gewesen sei.

Das Urteil: Das Schöffengericht verurteilte den 29-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. "Wenn Sie so weitermachen und es laufen lassen, wie es ist, wird das kein gutes Ende nehmen", mahnte Richter Udo May. "Nutzen Sie die Zeit in der Haft, um sich zu überlegen, wie Sie Ihre Lebensumstände ab dem Tag Ihrer Entlassung verbessern können." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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