Landkreis Vulkaneifel: 2,8 Millionen Euro fehlen im Kreisetat 2015 - Umlage wird um 1,5 Prozentpunkte erhöht

Daun · Der Kreistag des Landkreises Vulkaneifel hat mehrheitlich beschlossen, von den Dörfern im nächsten Jahr 1,5 Prozentpunkte mehr Umlage zu kassieren. Trotzdem klafft im Kreisetat 2015 ein Loch von 2,8 Millionen Euro. Hauptgrund sind die hohen Sozialausgaben von 66 Millionen Euro, für die es keinen adäquaten Finanzausgleich von Bund und Land gibt. Die Investitionen und freiwilligen Leistungen des Kreises sinken auf ein Minimum.

 Unter der Wucht der Sozialausgaben, die 66 Millionen Euro ausmachen und für die Bund und Land keinen adäquaten Ausgleich bieten, droht der Kreisetat zu bersten. TV-Foto: Mario Hübner

Unter der Wucht der Sozialausgaben, die 66 Millionen Euro ausmachen und für die Bund und Land keinen adäquaten Ausgleich bieten, droht der Kreisetat zu bersten. TV-Foto: Mario Hübner

Daun. So sehr Landrat Heinz-Peter Thiel (parteilos) auch dafür warb, letztlich sprach sich der Kreistag Vulkaneifel gegen seinen Vorschlag aus, die Kreisumlage für kommendes Jahr um zwei auf 44,5 Prozentpunkte zu erhöhen. Vielmehr folgte er mit großer Mehrheit (27 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen, sechs Enthaltungen) dem Antrag der CDU-Fraktion, die Erhöhung auf 1,5 Prozentpunkte zu begrenzen: auf 44 Prozent.Kein Zweifel am Sinn der Arbeit


Dem Kreis, so Thiel, würden von Bund und Land immer mehr Sozialaufgaben übertragen, ohne dass sie vollständig bezahlt würden. Bei einem Gesamtvolumen des Kreishaushalts (siehe Extra) von knapp 100 Millionen Euro macht der Sozialetat (Soziales, Jugend, Familien, Arbeit) 66 Millionen Euro aus, lediglich 36 Millionen Euro davon würden bezuschusst.

Am Sinn der Arbeit - sei es die Hilfe für Flüchtlinge, die Unterstützung von behinderten Menschen, die sozialpädagogische Jugend- und Familienhilfe oder die Unterhaltung von Kitas - wollte der Landrat keinen Zweifel aufkommen lassen. Finanziell aber sei sie für den Kreis ein "Fiasko". Ein Beispiel: 2015 rechnet der Kreis mit Aufwendungen von 1,2 Millionen Euro, um Flüchtlinge aufzunehmen, der Bund zahlt aber nur einen Zuschuss von 570 000 Euro. Bleibt ein Eigenanteil von 630 000 Euro (2014: 480 000 Euro).

Landrat Heinz-Peter Thiel (parteilos) argumentierte: "Um den Etatausgleich hinzubekommen, müssten wir die Kreisumlage auf 48 Prozent erhöhen, aber das ist natürlich inakzeptabel. Daher unser Vorschlag einer moderaten Anpassung um zwei Prozentpunkte." Nicht zuletzt fordere die Aufsichtsbehörde ADD, die auch über die Kreditanträge des Kreises entscheidet, dass die Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft würden.

Für CDU-Fraktionssprecher Gordon Schnieder gab es vor diesem Hintergrund nur zwei Alternativen: Verweigerung oder aber eine moderatere Umlagenerhöhung als vorgeschlagen. Sprich um 1,5 Prozentpunkte. "Die ist schmerzhaft, aber letztlich unausweichlich, um die Zukunftsfähigkeit des Kreises zu erhalten. Schließlich wollen und müssen wir weiter in unsere Gebäude und Straßen investieren." Eine Verweigerung würde zu Stillstand führen. "Stillstand bringt uns nichts, wir wollen einen genehmigungsfähigen Haushalt", meinte auch SPD-Fraktionssprecher Jens Jenssen. Er sagte aber auch: "Bei unseren freiwilligen Leistungen können und wollen wir nicht weiter kürzen, denn das bedeutet einen deutlichen Verlust von Lebensqualität."
Als Beispiel nannte er die Kreisbibliothek, deren Erhalt "der absolut richtige Schritt war". Zudem appellierte er, im nächsten Jahr drei zentrale Themen anzupacken: den Breitbandausbau, ein Mobilitätskonzept für den Kreis und eine Kulturstiftung.
Auch die Grünen appellierten, nicht weiter bei den freiwilligen Leistungen zu kürzen. Mehr noch: Die Bildungspolitik müsse ausgeweitet und beispielsweise Sprachkurse für Flüchtlinge umfangreich angeboten werden. "So schaffen wir die Basis dafür, dass die Menschen hier bleiben und Arbeit finden können.
Und so kann die Zuwanderung auch zur Chance für unseren schrumpfenden Kreis werden", sagt Eva Pestemer (Grüne).
FWG-Fraktionssprecherin Karin Pinn hielt die Umlagenerhöhung ebenfalls für notwendig, "damit wir weiter in die Bildung unserer Kinder investieren können". Auch die Freien Demokraten stimmten zu, wenngleich Edmund Geisen (FDP) meinte: "Ich halte es für bedenklich, den Gemeinden noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen." Hildegard Slabik-Münter (Linke) war dagegen, "denn das Schröpfen unserer Kommunen ist eine Katastrophe". Hans Ludwig (BUV) argumentierte ähnlich, enthielt sich aber letztlich bei der Abstimmung. Das taten auch Matthias Pauly (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Gerolstein sowie Neroths Ortsbürgermeister Egon Schommers (SPD), der sagte: "In den Dörfern gehen bald die Lichter aus."Meinung

Herausforderung und Chance
Es ist keine bahnbrechend neue Erkenntnis, dass der Kreis Vulkaneifel unterfinanziert ist. Und es ist auch klar, dass sich die Lage dieses und vieler anderer Kreise - trotz Entschuldungsfonds - weiter verschlechtern wird, solange Bund und Land immer weiter Aufgaben nach unten delegieren, aber nicht genügend Geld für deren Erledigung bereitstellen. Die Verantwortlichen vor Ort dürfen daher nicht aufhören, bei jeder Gelegenheit diesen Missstand anzuprangern, um eine Besserung zu erzielen. Da diese aber nicht in Sicht ist, sollten sie sich auch darum bemühen, das Beste aus der Lage zu machen. Aktuell bietet sich dies besonders bei der Flüchtlingsthematik an. Man darf nicht vergessen: Die Bevölkerung des Kreises schrumpft, Klassenräume werden künftig leer stehen, Dorfkerne verwaisen, Firmen noch verzweifelter um Facharbeiter ringen. Wenn der Kreis es aber schafft, die Flüchtlinge zu integrieren, ihnen Sprachkurse und eine gute Bildung angedeihen zu lassen und ihnen somit die Chance auf Ausbildung, Job und eine neue Heimat bietet, kann er langfristig enorm davon profitieren. Jede Investition, finanziell oder zwischenmenschlich, wird sich mehrfach auszahlen. Es ist an der Zeit - wenn es sein muss auch ohne Unterstützung von oben - einen Masterplan für diese Herausforderung auf die Beine zu stellen. m.huebner@volksfreund.deExtra

Investitionen: 2,4 Millionen Euro. Kreisstraßenbau: 1,4 Millionen Euro. Schulen: 560 000 Euro für Schulen; davon entfallen 173 000 Euro für die Erneuerung der naturwissenschaftlichen Räume in der Realschule plus Daun; 100 000 Euro für einen Aufzug im GSG Daun sowie weitere 230 000 Euro für die Anschaffung von Gegenständen für alle kreiseigenen Schulen. Die Aufwendungen inklusive Unterhaltungsmaßnahmen für die Schulen liegen bei drei Millionen Euro. Darunter fällt auch der nächste Abschnitt der Fassadensanierung der Realschule plus in Daun für 550 000 Euro. Kindergärten: 230 000 Euro. Feuerwehr, Rettungswesen und Katastrophenschutz: 150 000 Euro. Verwaltung: 90 000 Euro. Freiwillige Leistungen: insgesamt 750 000 Euro (2014: 580 000 Euro). Größter Posten ist das alle zwei Jahre stattfindende Festival Tatort Eifel mit 330 000 Euro. Davon trägt der Kreis 76 000 Euro. Die Kreisbibliothek schlägt mit 154 000 Euro zu Buche (Kreisanteil 122 000 Euro), der Posten Museen mit 115 000 Euro (85 000 Euro), die Kreismusikschule mit 100 000 Euro, die Schwangerenberatung mit 11 000 Euro und das Jugendtaxi mit 5000 Euro. mhExtra

Erträge des Ergebnishaushalts: 93,5 Millionen Euro. Aufwendungen des Ergebnishaushalts: 96,3 Millionen Euro. Fehlbetrag: 2,8 Millionen Euro. Einnahmen aus Kreisumlage (44 Prozent): 25 Millionen Euro. Kredite: 1,4 Millionen Euro. Schulden: 62 Millionen Euro. mh

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