Mehr Flexibilität gefordert

DAUN. Erfahrungen austauschen, Probleme ansprechen, Perspektiven aufzeigen: Die Ausbildungskonferenz für den Kreis Daun war keine "Vermittlungsbörse" für Jugendliche ohne Lehrstelle, sondern ein Forum für die, die mit der Zukunft junger Menschen zu tun haben.

Fünf Jahre nach der letzten Auflage gab es wieder eine Ausbildungskonferenz für den Kreis Daun. Von der SPD beantragt, hatte der Kreistag im September einstimmig den Landrat beauftragt, zur Konferenz einzuladen. Für die Organisation waren Kreisverwaltung und Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft zuständig, eingeladen wurden Unternehmer, Auszubildende, Schulen, Eltern, Kammern, Arbeitsamt, Verbände, Politiker und Träger der Ausbildung.Mehr Lehrverträge als im Vorjahr

Die Resonanz auf die Einladung war erfreulich, im gut gefüllten Dauner Forum eröffnete Gastgeber Heinz Onnertz die Konferenz. Ziel sei es nicht, an diesem Abend noch eine Lehrstelle zu vermitteln, dafür sei es ohnehin zu spät. In einer ersten Gesprächsrunde, moderiert vom Trierer SWR-Studioleiter Gerald Kessler, diskutierten Vertreter der Kammern, des Arbeitsamts, von Schulen und der Dekra-Akademie. Günter Behr (Handwerkskammer) konstatierte für das Jahr einen zunächst "kritischen Trend" bei der Ausbildungssituation. Zum Jahresende aber sei festzustellen, dass das Ergebnis kaum schlechter ausfalle als im Vorjahr, "trotz schlechter Rahmenbedingungen". Sein Fazit: "Die Wirtschaft der Region hat sich mächtig ins Zeug gelegt."Die von Behr und Markus Kleefisch (Industrie- und Handelskammer) präsentierten aktuellen Zahlen stimmten zuversichtlich, denn beide Kammern verzeichneten ein Plus an Ausbildungsverträgen gegenüber dem Vorjahr. Günter Werker (Ausbildungsberater des Arbeitsamts) erklärte, zu Beginn des Jahres hätten sich die Betriebe zurückgehalten. Auffällig sei, dass nach dem 1. August (Beginn des Ausbildungsjahres) noch viele Lehrstellen angeboten worden seien.Von den Erfahrungen der Schulen berichteten Thomas Follmann (Hauptschule Niederstadtfeld) und Michael Decker (Realschule Hillesheim). Follmann plädierte für eine verstärkte Vorbereitung der Schüler auf das Berufsleben, über die obligatorischen Schulpraktika hinaus. Decker wünschte sich eine noch engere Zusammenarbeit von Betrieben und Schulen. Ein Angebot, dass die Kammern gerne aufgriffen.Die Experten stellten fest, dass es nicht an Informationen über Ausbildungsberufe mangele. Im Gegenteil: Die Schüler dürften nicht damit überfrachtet werden. Günter Werker wies darauf hin: "Häufig sind es 14-Jährige, die über ihre Zukunft mitentscheiden sollen, aber erst vor zwei, drei Jahren die Lego-Steine in die Ecke gestellt haben." Die Kammervertreter plädierten für mehr Flexibilität in der Lehrlingsausbildung, für "schlankere Berufe" mit kürzerer Ausbildungszeit. So bekämen Auszubildende, deren Stärken mehr in der Praxis und weniger in der Theorie lägen, eine Qualifikation, mit der sie auf dem Arbeitsmarkt bestehen könnten.Schulische Defizite und Mangel an Tugenden

Die zweite Diskussionsrunde war besetzt mit ehemaligen Auszubildenden (Barbara Sicken, Walsdorf; Marc Schäfer, Daun), Unternehmern, einer Personalleiterin und Elisabeth Junk, Elternbeiratvorsitzende der Hauptschule Daun. Friedhelm Flamm (Geschäftsführer der Firma Technisat Daun, die erst vor kurzem mehr als 20 neue Lehrstellen geschaffen hat) monierte schulische Defizite und Mangel an Tugenden wie Pünktlichkeit, Sauberkeit und korrektes Auftreten. Von den Auszubildenden erwarte er Leistungsbereitschaft, Kreativität und Flexibilität.Ähnliche Erfahrungen haben auch Ulrike Meffert (Firma apra-norm Mehren) und Alois Schmitz (Firma Schmitz Haustechnik Hillesheim-Bolsdorf) gemacht. Zum Thema "schlanke Berufe" sagte Schmitz, er gehe davon aus, dass die Zweistufenausbildung (unterschiedliche Dauer der Lehrzeit) kommen werde. Kein Blatt vor den Mund nahm Bibiana Ferscher, Personalleiterin des Ferienparks in Gunderath. Sie habe zwar genügend Azubis, die aber kämen überwiegend aus Ostdeutschland und nicht aus der Region. Nur wenige seien bereit, die im Hotel- und Gaststättengewerbe üblichen unregelmäßigen Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen. Bedauerlich, stellte sie fest, denn gerade in dieser Branche sei eine Topkarriere auch ohne Hochschulabschluss möglich. Zum Thema "Dienstleistungsgesellschaft" hatte die Österreicherin eine ganz klare Position. "Deutschland ist keine Dienstleistungsgesellschaft. Dienstleistungen würden gerne in Anspruch genommen, aber Dienst zu leisten seien die wenigsten bereit", stellte sie fest - und bekam viel Beifall. Kein Verständnis habe sie für Jugendliche, die mit "rosa Haaren" und "gepierct" zu Vorstellungsgesprächen kämen. Ein solches Auftreten komme einem "Todesurteil" gleich, sagte Bibiana Ferscher.

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