Meistens wollen Opfer einfach nur ihre Ruhe

GEROLSTEIN. Die beiden Opfer, ein Taxifahrer und eine junge Frau, die in Gerolstein beziehungsweise Hillesheim von Heroinabhängigen entführt worden waren, werden vom Weißen Ring betreut. Die Organisation hilft Opfern von Kriminaltaten mit Beratungen, aber auch finanziell.

"Es gibt keine Patent- oder Hau-Ruck-Lösung. Je tiefer der Stachel des Traumas steckt, desto länger dauert das Verarbeiten des Erlebten", erklärt Manfred Wistuba. Der 66-Jährige hat mit seinem 14-köpfigen Team in den vergangenen sechs Jahren Hunderte von Opfer in den beiden Landkreisen Daun und Ahrweiler betreut.Aus Erfahrung weiß der Leiter der Außenstelle Ahrweiler/Daun: "In den seltensten Fällen fordern die Opfer unmittelbar nach der Tat Rache. Sie wollen einfach in Ruhe gelassen werden und nach Hause, in ihr gewohntes Umfeld."Und genau dorthin kommen dann auch die Mitarbeiter des Weißen Rings (WR). "Wenn das Opfer es will, kümmern wir uns um alles. Manchmal dauern die Betreuungen jahrelang", berichtet Leo Hens, Mitarbeiter aus Hillesheim. Zu den aktuellen Fällen aus dem Kreis Daun, bei denen ein Taxifahrer und eine 33-jährige Frau entführt wurden, wollen Wistuba, Hens und Mitarbeiter Manfred Risch aus Daun, keine Details sagen. Aber Allgemeingültiges. In beiden Fällen hätten die Opfer mit Todesangst zu tun gehabt. Mehrere Stunden waren sie hilflos den brutalen und drogenabhängigen Tätern ausgeliefert (der TV berichtete)."Geduld ist das oberste Gebot"

In mehreren Gesprächen versuchen die WR-Mitarbeiter das Vertrauen der Opfer zu gewinnen. "Geduld ist das oberste Gebot", weiß Risch. Die Opfer erhielten außerdem zwei Schecks für psychologische und anwaltliche Beratungen - für die der Weiße Ring die Kosten übernimmt. Und wenn die Opfer es wünschen, werden sie auch nicht allein gelassen. "Wir werden zu ihren Schatten, ob bei Vernehmungen bei der Polizei, vor Gericht, bei Gesprächen mit dem Anwalt oder bei Besuchen von Spezialisten", berichtet Wistuba. So weiß er auch Rat, wenn beispielsweise die Schreckenstat den Opfern den Schlaf raubt, sie von Albträumen gequält werden. "Das erleben wir oft. Dann arbeiten wir meistens mit der Ehrenwaldschen Klinik in Bad-Neuenahr zusammen. Die ist als psychosomatische Klinik anerkannt", erzählt Wistuba.Dem entführten Taxifahrer, der, anders als die 33-Jährige, in der Öffentlichkeit steht und häufig auf die Tat angesprochen wird, empfiehlt er: "Er muss sich der Vergangenheit stellen und lernen, damit zu leben." Taxifahrer hätten ähnlich wie Polizisten und Soldaten ein gewisses Berufsrisiko. "Aufgeben ist das Letzte, was man tun darf. Nur weil es jetzt ein Mal passiert ist, muss es nicht wieder passieren", beruhigt Wistuba. Allerdings sollte das Umfeld rücksichtsvoll reagieren und nur dann etwas sagen, wenn das Opfer von sich aus über die Tat redet.Opfer erhalten auch finanzielle Hilfe

Der Weiße Ring bietet den Opfern auch finanzielle Hilfe: als Sofortmaßnahme 250 Euro. "Das kann weitergehen mit der Bezahlung eines Urlaubs oder einer Kur. Eben alles, was bei der Aufarbeitung der Tat hilft und keine Versicherung bezahlt", sagt Wistuba.Er nennt weitere Beispiele, wann der Weiße Ring finanziell unterstützt: bei einer zerbrochenen Brille nach einer Schlägerei, einem gestohlenen Fahrrad, der Zerstörung eines Hauses nach Brandstiftung oder dem Wohnungswechsel, weil der Täter nach der Haft wieder in den Ort gezogen ist. "Wir greifen da ein, wo keine Versicherung zahlt", sagt Risch. Und es werden immer mehr Fälle, die der Weiße Ring in Landkreisen Daun und Ahrweiler betreut. Jetzt sind es schon doppelt so viele wie 2002 gesamt (siehe Auslagerung). Machen Ihnen Drogenszene und Beschaffungskriminalität im Gerolsteiner Land Angst, empfinden Sie das Ausmaß als besonders hoch?Ihre Meinung ist gefragt. Senden Sie uns eine E-Mail ( eifel-echo@volksfreund.de) oder ein Fax (06591/952429). Alle Beiträge, die uns bis 16 Uhr erreichen, werden in der Wochenendausgabe veröffentlicht. Namen und Wohnort nicht vergessen!

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