Nach dem Markt war Kuhfladen-Kehren angesagt

HILLESHEIM. (fs/mh) Auch wenn heute nicht mehr viel davon zu spüren ist: Hillesheim war Jahrhunderte lang die pulsierende Marktmetropole in der Eifel.

"Was habe ich mich oft über die Kuhfladen geärgert, dieses matschige Zeug, das wir morgens und abends, nachdem das Vieh durch die Straßen gelaufen war, zusammenkehren mussten", erinnert sich Magda Hennrich (82) aus Hillesheim, die lange Zeit in der Mariendrogerie in Hillesheim gearbeitet hat, noch sehr genau. Da die Geschäftsleute darauf bedacht gewesen seinen, für ihre Kunden die Gehwege sauber zu halten, hätten sie von ihren Angestellten die tierischen Exkremente vom Boden kratzen lassen. Das Aufheben der Pferdeäppel dagegen, so Magda Hennrich, sei ein Leichtes gewesen. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts (aus dieser Zeit stammte das Foto, das wir Anfang der Woche veröffentlicht hatten) galt das bereits 1500 Einwohner zählende Hillesheim als fortschrittlicher Marktort mit nahezu 50 Geschäften. Bereits damals machte man sich Gedanken zur Kundenlenkung: Anstatt eines großen Marktplatzes für den gesamten Viehhandel richteten die Gemeindeväter zwei Viehmärkte an den Ortsrändern ein, um die Besucher beim Gang vom einen zum anderen an den Geschäften vorbeizuschleusen und zum Kaufen zu animieren. Der Schweinemarkt befand sich auf dem heutigen Parkplatz unterhalb des Friedhofs, dem Lindenplatz. Der Rindermarkt war bis vor wenigen Jahren auf dem Platz neben der Markthalle. Auch HERMANN MEYER , Hillesheimer Pfarrer in Rente und passionierter Heimatforscher, der unter anderem über die Stadtgeschichte Hillesheims eine mehrstündige Videodokumentation erstellt hat, erinnert sich noch gut an die Hochzeiten des Hillesheimer Markts. Er sagt: "Früher war der Markt noch wesentlich vielfältiger, da waren mehr als 1000 laufende Meter an Ständen normal. Heute ist der Krammarkt etwa um ein Drittel geschrumpft." Aus heutiger Sicht ebenfalls kurios: Bis zur Stadtsanierung wurde der Krammarkt unter anderem mitten auf der Bundesstraße veranstaltet. Was jedoch geblieben ist, sind die festen Markttage: So werden weiterhin an jedem ersten und dritten Donnerstag im Monat Waren feil geboten. Bürgermeister Diewald, ein früher Verfechter des Fremdenverkehrs, scheute keine Mühen und ließ "auf Buch" - etwa in Höhe der Schwedenschanze - einen Aussichtsturm errichten. Unweit davon lud der Eifelverein zu Gartenkonzerten mit Fackelpolonaise und Vorträgen mit Hillesheimer Originalen ein. An Werktagen jedoch herrschte Geschäftigkeit in Hillesheim - nicht zuletzt weil es ein Bahnknotenpunkt war: Gleich aus drei Richtungen - aus Gerolstein, aus Jünkerath und aus Adenau - trafen mehrmals am Tag Züge ein.Fritz von Wille kam regelmäßig zum Einkaufen

So stieg auch Maler Fritz von Wille von seiner Burg, um bequem mit der Eisenbahn von Kerpen nach Hillesheim zu fahren. "Er kam stets im Jägeranzug mit Knickerbockerhose und mit einem großen grünen, aber noch leeren Rucksack und lief zurück zum Bahnhof mit einem vollen Rucksack, denn er hatte oft viel eingekauft", erinnert sich Katharina Brandmüller (92). Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch seien vermehrt mit Baustoffen beladene Transportzüge gen Westen gefahren: Der Westwall wurde errichtet. Fleißig gebaut worden sei aber auch in Hillesheim, erinnert sich Magda Hennrich: "Die ursprünglich geplante Einweihung der modernen Volksschule mit Kochküche, Duschräumen und Heizung neben dem "ahlen Bach" fand aber erst einige Monate später als geplant statt, da die Handwerker nicht fertig wurden." Aus der Schule kennt Magda Hennrich noch eine andere Anekdote: "Wenn wir wegen anderer wichtiger Tätigkeiten wieder mal keine Hausarbeiten gemacht hatten, dann raufte sich unser Lehrer Herr Schmidt die Haare und schrie: Ich meine, ich müsste Hörner kriegen." Und wenn man dann auch noch die Christenlehre bei Dechant Rosen geschwänzt habe, zu der jedes Kind am Sonntagnachmittag gehen musste, dann hätten es sowieso alle erfahren, vor allem der Lehrer. "Und das war nicht gut", berichtet die 82-Jährige, die sich noch gut an das damalige leben erinnert. Zum Beispiel, dass bei schönem Wetter die Frauen und Mädchen die Wäsche zur Bleiche hinter die Stadtmauer, wo jetzt der Kinderspielplatz ist, getragen hätten. Das Wasser zum Begießen hätten sie aus dem gestauten "ahlen Bach" nebenan genommen. Seien es in den Sommermonaten viele Fremde gewesen, die im Hotel Fasen gewohnt haben, so hätten in den Wintermonaten junge Burschen den Ort bevölkert. Sie hätten in der 1888 gegründeten Landwirtschaftsschule, dem heutigen, brach liegenden Augustinerkloster-Hotel, ihr Wissen in Ackerbau und Viehzucht vertieft - und halfen nebenbei auch zum Fortbestand der dreizehn Wirtschaften.

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