"Nur Betreuung bringt uns nichts"

GEROLSTEIN. Sonderweg: Auch die Regionale Schule in Gerolstein will Ganztagsschule werden - jedoch nur, wenn das für alle Schüler zur Pflicht gemacht wird. Bislang zeigten sich erst 30 Eltern interessiert, 54 müssten es mindestens sein, damit die Schule zum Auswahlverfahren zugelassen wird.

Die Ganztagsschule (GTS) ist eine sinnvolle Einrichtung und soll daher auch an der Regionalen Schule in Gerolstein zum kommenden Schuljahr installiert werden. Mit diesen Worten lässt sich die übereinstimmende Grundüberzeugung sowohl des Schulträgers (der Verbandsgemeinde Gerolstein) als auch der Schule (Schulleitung, Lehrerkollegium und Elternbeirat) zusammenfassen. Und: Dieses grundsätzliche Interesse wurde dem Ministerium auch fristgerecht kundgetan. Eine detaillierte Anmeldung mit ausreichender Interessentenzahl und der gewünschten GTS-Variante muss aber noch bis Mitte November nachgereicht werden. Denn: Über das grundsätzliche Ja zur GTS gehen die Meinungen beider Seiten auseinander. Während der Schulträger dafür ist, dass ab kommendem Schuljahr die GTS - egal in welcher Form - an der Regionalen Schule installiert wird, hat sich die Schule (Schulleitung, Kollegium, Elternbeirat) für eine bestimmte Variante ausgesprochen: die verpflichtende GTS (siehe Hintergrund) . Die landesweit übliche GTS auf freiwilliger Basis wird abgelehnt. Rektor Günther Mehles sagt, warum: "Uns geht es darum, bei den Unterrichtsproblemen anzusetzen - nämlich Lerninhalte und Lernmethoden zu vermitteln. Denn da hapert es. Und bei der freiwilligen GTS, bei der ja die Betreuung im Vordergrund steht, ändert sich daran nichts." Hauptprobleme in der Schule seien heute der "straffe Zeitplan für Schüler und Lehrer am Vormittag", "eine effektiven Unterrichtszeit von gerade einmal 30 Minuten pro Unterrichtsstunde" sowie die "nicht immer günstige Lehrerversorgung". Mehles' Fazit: "Wir sind am Vormittag so sehr am Kämpfen. Daher würde ich gerne den ganzen Tag Schule machen mit dem Ziel, den Unterricht zu entzerren und eine Rhythmisierung hinzubekommen." Dass auch die Betreuung der Schüler am Nachmittag sinnvoll sei, wolle er nicht in Abrede stellen, so der Rektor. "Doch das ist nicht primäre Aufgabe der Schule, und außerdem bieten wir bereits AGs und sonstige Projekte am Nachmittag an.""Nicht die höchsten Aussichten auf Erfolg"

Der für die Ganztagsschulen bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier zuständige Beamte, Herbert Klein, korrigiert: "Die freiwillige Ganztagsschule bedeutet eben nicht ausschließlich Betreuung, sondern steht auf vier Säulen: erstens die Freizeitangebote unter pädagogischer Anleitung wie AGs und zweitens Projekte, aber eben auch drittens die unterrichtlichen Angebote wie Hausaufgabenbetreuung und viertens die Förderangebote wie Deutsch- oder Englisch-Kurse." Dennoch ist auch er der Meinung, dass die verpflichtende GTS gut geeignet wäre, die bestehenden Lerndefizite abzubauen. Klein: "Das wäre schon etwas, was uns weiter helfen würde." Angesichts der zu erwartenden Transportprobleme bei der verpflichtenden GTS (Kinder, die nicht daran teilnehmen, müssten zu den Schulen nach Daun oder Hillesheim wechseln) und der wesentlich höheren Kosten für diese Variante meinte Klein jedoch: "Der GTS in verpflichtender Form gebe ich nicht die größten Aussichten in Gerolstein." Dennoch würden der Antrag und die Begründung der Regionalen Schule genau geprüft und mit einer Beurteilung an das Ministerium weitergeschickt. Klein: "Wir nehmen den Wunsch sehr ernst." Das sagt auch Matthias Pauly, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Gerolstein, der zudem Vertreter des Schulträgers ist. Dieser ist mit der Bitte an die Schule herangetreten, die seit Jahren diskutierte Einrichtung der GTS erneut zu prüfen. Aktueller Anlass war nach Auskunft des Bürgermeisters der notwendige Neubau einer Sporthalle an der Regionalen Schule. Denn während über die reguläre Sportförderung nur mit einem 40-prozentigen Zuschuss zu rechnen ist, liegt die Förderung in Zusammenhang mit der Errichtung einer Ganztagsschule laut Pauly bei rund 70 Prozent. Rektor Mehles indes reagiert auf die Kritik, die wegen des relativ geringen Elterninteresses bereits laut wurde: Er wird nach den Herbstferien nun doch noch eine Informationsveranstaltung zum Thema GTS anbieten. Das befürwortet auch ADD-Mann Klein, der den Diskussionsprozess als noch lange nicht abgeschlossen sieht. Er sagt: "Da haben die Eltern eine ganz andere Entscheidungsgrundlage, und in der Regel haben sich danach stets die notwendigen Anmeldezahlen ergeben."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort