Orthopädie für das Pferd

Einen selten gewordenen Beruf kann man seit einigen Wochen in Daun-Nerdlen erlernen: Die "Rheinische Hufbeschlag-Schule" bildet zum Hufbeschlag-Schmied aus. Dabei muss man mittlerweile weit mehr können als nur Pferde beschlagen. Vor allem kommt es darauf an zu erkennen, welches Eisen zu welchem Pferd passt.

 So ist es richtig: Hufbeschlag-Lehrschmied Burkhard Rau (Mitte) zeigt seinen Schülern Jochen Isengard (links) und Thomas Henke (rechts), wie sie das Eisen schmieden müssen. TV-Foto: Christian Brunker

So ist es richtig: Hufbeschlag-Lehrschmied Burkhard Rau (Mitte) zeigt seinen Schülern Jochen Isengard (links) und Thomas Henke (rechts), wie sie das Eisen schmieden müssen. TV-Foto: Christian Brunker

Daun-Nerdlen. Schnell sausen die Hämmer auf das kleine, rotglühende Stahlstück hinab. Nur langsam nimmt es Form an. Dass es irgendwann ein Hufeisen werden soll, erkennt wohl nur ein Fachmann. Viel schneller ist der Stahl wieder kalt und muss zurück in den 1100 Grad heißen Ofen, ehe er erneut bearbeitet werden kann. "Kaltschmiede kommen in die Hölle", sagt Burkhard Rau zu seinen Schülern und begutachtet ihre Arbeit kritisch. Denn wenn der Stahl kalt bearbeitet wird, verliert er an Qualität, erklärt Rau.Aussterbender Beruf? Von wegen!

Seit Anfang Juni beherbergt das Technologie- und Gründerzentrum in Daun-Nerdlen die "Rheinische Hufbeschlag-Schule". Dort kann man seitdem den Beruf des "Hufbeschlag-Schmieds" lernen - so nennt sich die Ausbildung zu dem, was früher einfach Hufschmied genannt wurde. Wer denkt, das sei ein aussterbender Beruf, liegt falsch, sagt Rau. Schließlich gebe es in Deutschland derzeit mehr Pferde als zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts - und damit auch mehr Arbeit für Hufschmiede. Doch das Berufsbild hat sich stark gewandelt. Das Schmieden der Eisen ist nur noch ein Teil dessen, was er lernen und beherrschen muss: Der Hufschmied von heute muss sich hervorragend mit Pferden auskennen. "Das ist ein hochkomplexes Problem", sagt Rau. Denn die Hufeisen müssen für jedes Pferd, seine Eigenheiten und seine Nutzung angepasst werden. Ein Pferd, das im Wald Baumstämme ziehen muss, braucht andere Eisen als eines, das nur ab und zu ausgeritten wird. "Ein Eisen zu formen und aufzunageln, ist nicht die eigentliche Kunst", sagt Rau. "Viel schwieriger ist, verstehen und sehen zu lernen, was man tun muss, damit ein Pferd auf Dauer gesund laufen und leistungsfähig bleiben kann." So wird aus dem Hufschmied fast so etwas wie ein Orthopäde fürs Pferd. "Man hat eine große Verantwortung, weil man mit einem lebenden Tier arbeitet", sagt Rau.Um als Hufschmied arbeiten zu dürfen, ist in Deutschland das Ablegen einer staatlichen Prüfung nach einem vorgeschriebenen Ausbildungsweg Pflicht. Die Rheinische Hufbeschlag-Schule bietet als bislang einzige der neun in Deutschland existierenden staatlich anerkannten Hufbeschlag-Schulen daneben auch die Möglichkeit einer berufsbegleitenden Teilzeit-Absolvierung an.Die Ausbildung lohnt sich. Wer die Abschluss-Prüfung bestanden hat, macht sich normalerweise selbstständig, sagt Rau. Die Berufschancen sind sehr gut. "Man wird nicht reich, aber man kann sehr gut davon leben und sich eine solide Existenz aufbauen." HINTERGRUND Die Ausbildung: Als Erstes muss ein vierwöchiger Einführungslehrgang an einer staatlich anerkannten Hufbeschlag-Lehrschmiede absolviert werden, dann folgt ein zweijähriges Praktikum bei einem Hufschmied, und anschließend geht es zum sogenannten Vorbereitungslehrgang zur Vorbereitung auf die Prüfung wieder in die Hufbeschlag-Lehrschmiede zurück. Morgens büffeln die Schüler im Unterrichtsraum die Anatomie des Pferdes, lernen etwas über die verschiedenen Hufkrankheiten, sezieren Hufpräparate oder üben in der Lehrwerkstatt die Metallbearbeitung, während sie am Nachmittag zusammen mit Hufbeschlag-Lehrschmied Rau und ihrer mobilen Werkstatt zum Beschlagen von Pferden herausfahren. Wer sich für eine Ausbildung interessiert: Rheinische Hufbeschlag-Schule, Konrad-Zuse-Straße 3, 54552 Nerdlen/Daun, Telefon 06592/958161, www.hufbeschlagschule.de (ch)

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