"Problem der Landstraße"

DAUN/BEINHAUSEN/KELBERG. Trotz einer Initiative des rheinland-pfälzischen Verkehrsministeriums für größere Vorsicht bei Wildwechsel im Straßenverkehr sind die Unfall-Zahlen mit Wildbeteiligung im Kreis Daun stark gestiegen.

Hans-Artur Bauckhage ist zufrieden mit dem Ergebnis der Aktion "Besser langsam als Wild". Um bis zu 31 Prozent seien die Wildunfälle an vier von sechs ausgesuchten Standorten im Land zurückgegangen, lässt sein Ministerium mitteilen. In Kooperation mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat und dem Deutschen Jagdschutzverband waren seit 1999 Plakate aufgestellt worden, die mit einer nachgestellten unfallträchtigen Szene vor den Gefahren der Wildunfälle warnen. Einer der sechs ausgewählten Unfall-Schwerpunkte war die L 46 zwischen Beinhausen und Kelberg. Weniger zufrieden dürften etliche Wildschweine, Rehe und andere Wildtiere sein, die der Aktion zum Trotz ihr Leben verloren. Denn im gesamten Kreis Daun ist kein Rückgang der Unfälle mit Wildbeteiligung zu verzeichnen: "Im Jahr 2003 müssen wir eine erhebliche Steigerung zur Kenntnis nehmen", sagt Ulrich Müller von der Polizeidirektion Wittlich, die auch für die Statistik der Vulkaneifel zuständig ist. Im Jahr 2002 wurden zwischen dem 1. Januar und 21. Dezember 636 Wildunfälle registriert. Das entspricht einem Anteil von 32 Prozent am Gesamt-Unfallaufkommen. In diesem Jahr wurden 869 Wild-Unfälle notiert, was beinahe 42 Prozent der Unfälle ausmacht. Auch andere Dienststellen wie etwa der Altkreis Prüm oder die Verbandsgemeinde Obere Kyll seien von der Steigerung betroffen. Müller: "Das ist ein flächendeckendes Problem auf Landstraßen". Ursachenforschung ist schwierig

Meistens bleibt es bei Blechschäden. "Nur rund anderthalb Prozent der Wildunfälle führen zu Verletzten", sagt Müller. Die Unfallschwerpunkte liegen im östlichen Kreisgebiet - bei Strotzbüsch, Kelberg und Kerpen, an den Bundesstraßen 257, 410 und 421 sowie an den Landstraßen 46 und 10. Entlang der B 410 und der B 421 hat sich die Zahl der Wild-Unfälle im Vergleich der Jahre 2002 und 2003 sogar fast verdoppelt. Eine Ursache für die vermehrten Unfälle kann die Polizei nicht nennen: "Das hat mit Sicherheit keine Gründe, die wir beeinflussen können. Da müsste man genauer analysieren, auch seitens der Jagdpächter, und schnelle Erklärungen greifen wohl nicht." Eine mögliche Begründung lautet: Es gibt vermehrt Wild, obwohl die Jäger ihre Abschussquoten einhalten. Eine weitere mögliche Ursache liegt laut Müller im Versicherungswesen: "Denkbar ist ein verändertes Anzeigeverhalten bei den betroffenen Autofahrern, wenn die Kraftfahrzeugversicherer auf polizeilich ausgestellte Unfallbescheinigungen bestehen und sich nicht mehr mit entsprechenden Bestätigungen der Jagdpächter zufrieden geben." Es habe Fälle gegeben, in denen der Verdacht auf Versicherungsbetrug durch einen gestellten Wildunfall aufkam: "Dann haben wir sogar die Haare, die am beschädigten Wagen klebten, im Labor analysiert mit der Frage, ob sie tatsächlich von einem frischen Unfall mit Wildbeteiligung stammen können." Bei allen Unterschieden in der Statistik sind sich Polizei und Verkehrsminister in ihren Appellen einig: langsames Fahren, die einschlägige Beschilderung als Warnung vor Wildwechsel beachten oder in der Dämmerung nicht aufblenden. "Die Unfälle mit Wildbeteiligung sind nur mit solcher Vorsicht zu verhindern. Wenn die Tiere unvermittelt auf die Fahrbahn springen, ist nichts mehr zu machen", sagt Müller. Bekannte Stellen für Wildwechsel seien in der Regel beschildert. Doch die Polizei macht eine traurige Erfahrung: "Darauf achten die Autofahrer nicht." Und aufwändige Wildschutzzäune, wie etwa entlang der neuen A 60, die für größtmögliche Sicherheit sorgen sollen, seien im Bau einfach zu teuer.

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