"Schimpfen nützt gar nichts"

DENSBORN. Der Bahnschalter in Densborn wird geschlossen, obwohl das im Bahnhof integrierte Stellwerk weiterhin im Zwei-Schicht-Betrieb besetzt sein wird. Ab 1. April gibt es Fahrkarten nur noch am Automaten.

"Das ist für alte Leute eine Katastrophe. Sie müssten ja ihre Enkel mit zum Bahnhof nehmen, damit sie ihnen helfen, die richtige Fahrkarte zu ziehen", ärgert sich Edith Weimann. Der Grund für ihren Zorn: die bevorstehende Schließung des Bahnschalters in Densborn. Weimann fährt seit mehr als 30 Jahren täglich von Densborn nach Trier zur Arbeit und hat schon häufig auf dem Trierer Bahnhof rat- und hilflose Kunden vor Fahrkartenautomaten beobachtet. Die 53-Jährige schimpft mit Blick auf ihren Heimatbahnhof: "Der bleibt ja wegen des Stellwerks weiter besetzt. Und solange einer da ist, könnten ja auch am Schalter Fahrkarten verkauft werden." Fahrdienstleiter Holger Plüfke bestätigt: "Es geht wegen des Fahrkartenautomats keine Arbeitsstelle verloren. Wir arbeiten weiterhin im Zwei-Schichtbetrieb." Plüfke und sein Kollege bedienen die Gleise und Bahnschranken auf der Kylllinie zwischen Kyllburg und Gerolstein. Die Bahn setzt jedoch auf die Automatisierung der Fahrkartenausgaben. Densborn ist da nur eine von vielen Stationen. Bahnsprecherin Cornelia Rauchenberger nennt keine konkreten Zahlen, erklärt aber, "dass es die wenigsten Stationen sind, wo letztlich nur noch ein Automat steht". Meist gebe es einen Wechsel zur Agentur ähnlich wie bei der Post oder zum privat betriebenen Service mit Kiosk. In Densborn hätten Rentabilitätsberechnungen zur Schließung des Schalters geführt. Der Gemeinderat hat die Kröte geschluckt. Die Fahrgäste der Kyllgemeinde versuchen sich darauf einzustellen. Der Automat steht schon seit einigen Wochen auf dem Bahnsteig. Marlies Koch informierte sich vor der Fahrt nach Trier, gemeinsam mit zwei Freundinnen. "Wir sind am Abend vor der Abfahrt zu dritt zum Automaten gegangen, um ihn uns genau anzugucken und zu üben", sagt die 62-Jährige. Der Fahrdienstleiter aus dem Stellwerk habe ihnen "sehr nett bei zwei Übungsabläufen geholfen". Künftig gibt's auch Karten für den Fernverkehr

Am Morgen der Abfahrt habe das Lösen des Minigruppen-Tickets reibungslos geklappt. Koch meint: "Wir müssen uns daran gewöhnen. Da nützt Schimpfen gar nichts. Die Leute in der Stadt müssen das ja auch können." Bahnpendler Hermann Backes ergänzt: "Als Dauerkarteninhaber ist der Automat für mich kein Malheur." Außerdem hätten Fahrgäste ohnehin nicht auf den letzten Drücker zum Schalter im Bahnhof kommen können, da der Fahrdienstleiter in Personalunion als Kartenausgeber und Stellwerker stets den technischen Abläufen habe Vorrang einräumen müssen. Für Backes und seine Familie war der Bahnanschluss in Densborn einer der wichtigsten Gründe, von Kopp aus in die Kyllgemeinde umzuziehen. "Hier fahren täglich mehr als 20 Züge jeweils in die Richtungen Köln und Trier. Diese optimale Verkehrsanbindung wird durch den Automaten nicht geschmälert", sagt Backes. Einen Vorteil des Fahrkartenautomaten sieht Bahnsprecherin Rauchenberger darin, dass nun nicht nur Karten im Nahverkehr gelöst werden können, sondern auch Tickets im Fernbereich.

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