Schockzustand am kleinen Standort

HILLESHEIM. Nach den jahrelangen Gerüchten scheint die Schließung des Hochwald-Werks in Hillesheim (ehemals Molkerei Eifelperle) nun tatsächlich bevorzustehen. Die Arbeitnehmervertreter befürchten das Aus gar noch vor Fastnacht 2006, 60 Menschen droht der Verlust des Arbeitsplatzes.

"Es geht hier nicht mehr um Reduzierung, sondern um die Werksschließung", schätzt Hochwald-Gesamtbetriebsrat Klaus Schmitt die Lage ein. Und er fügt hinzu: "Den Gerüchten zufolge stirbt Hillesheim seit fünf Jahren, diesmal aber ist es ernsthaft." Neue Nahrung erhielten die Spekulationen durch die jüngsten Ankündigungen von Hochwald-Geschäftsführer Karl-Heinz Engel auf der Vertreterversammlung der Genossenschaftsmolkerei in Kruft, die Anzahl der elf Standorte reduzieren sowie die Unternehmensphilosophie "Ein Standort, ein Produkt" konsequent umsetzen zu wollen (der TV berichtete). Zur Schließung des Hillesheimer Werks sagte Engel auf TV-Anfrage: "Wir werden uns im ersten Quartal 2006 konkret damit beschäftigen; eine definitive Entscheidung ist noch nicht gefallen." Zudem dauere es "von einer Entscheidung bis zur Umsetzung ein halbes Jahr". Das wäre demnach frühestens im Herbst 2006. Auch Hillesheims Stadtbürgermeister Matthias Stein (CDU) schätzt die Lage als "sehr ernsthaft" ein. Er sagt: "Die Informationen aus Kruft waren - wenn auch nur zwischen den Zeilen zu lesen - ein Schock, da bin ich fast vom Hocker gefallen." Vom Aus in Hillesheim geht auch Christel Marin von der Gewerkschaft Nahrung-Genussmittel-Gaststätten (NGG) aus Trier aus, die seit der Schließung des Fleischwerks in Thalfang (der TV berichte) in engem Kontakt zu den Hochwald-Mitarbeitern steht. Sie sagt: "Wenn man sieht, dass Kaiserslautern zum H-Milch-Schwerpunkt-Standort ausgebaut wird, und dort die gleichen Produkte wie in Hillesheim hergestellt werden, muss man davon ausgehen, dass das Hillesheimer Werk keine Zukunft mehr hat." Doch während sie an ein mittelfristiges Ende denkt, befürchten Gesamtbetriebsrat Schmitt und der Hillesheimer Betriebsratschef Werner Adolphi ein früheres Aus. "Entweder im Sommer 2006 oder bereits im Februar", sagt Schmitt. Denn nach seiner Kenntnis werden in zwei Monaten im Werk Kaiserslautern die ersten neuen Maschinen laufen und im Sommer die Investitionen abgeschlossen sein und "voll durchgreifen". "Und spätestens dann wird argumentiert werden, dass man für die gleiche Mengenauslastung nicht beide Standorte braucht", befürchtet Schmitt. Adolphi verweist zudem darauf, dass ins Hillesheimer Werk seit Jahren "nur noch das Nötigste investiert wurde", und dass zum Ende dieses Jahres ein Viertel der Hillesheimer Produktion ins Werk nach Hungen bei Gießen verlagert wird. Das sei ihm erst auf Nachfrage von der Geschäftsführung mitgeteilt worden. "Man versucht, das Werk ausbluten zu lassen", mutmaßt er, sagt aber deutlich: "Hillesheim hat seine Daseinsberechtigung, da hier immer noch im Drei-Schicht-System gearbeitet und Überstunden gefahren werden." Derzeit sind 45 Mitarbeiter im Werk beschäftigt, weitere 14 arbeiten im werkseigenen Fuhrpark und als Teilzeitkräfte. Im Werk, das schwarze Zahlen schreiben soll, werden jährlich rund 120 Millionen Liter Milch verarbeitet. Vor allem die Informationspolitik der Geschäftsführung stößt ihm sauer auf: "Man erfährt nichts. Und das ist das Schlimmste: Ich kann den Leuten nichts sagen, da ich ja selbst nichts Genaues weiß." So habe der Betriebsrat, nachdem "von Bauern und Spediteuren" die erneuten Gerüchte aufkamen, die Geschäftführung mit Bitte um Stellungnahme angeschrieben. Auf eine schriftliche Antwort wartet man seit Wochen. Während im Betrieb die Stimmung "sehr schlecht" sei und sich bereits Sarkasmus breitmache, "da wir einen recht hohen Altersdurchschnitt haben", hoffen Adolphi und Schmitt darauf, dass möglichst viele Kollegen im Hochwald-Werk in Erftstadt unterkommen. Denn das ist "nur" 70 Kilometer entfernt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort