"Seien Sie schräg!"

Daun/Bitburg · Der Tourismus ist in der Eifel längst zum Wirtschaftsfaktor geworden. Das belegen unter anderem Zahlen, die beim elften Tourismusforum in der Bitburger Stadthalle präsentiert wurden. Ausschlaggebend für den Erfolg sind allerdings nicht nur Natur und Qualität der Infrastruktur, sondern nicht zuletzt die Menschen. Und die können nach Auffassung des Tourismusberaters Oliver Becker mit wenig Aufwand viel erreichen.

Daun/Bitburg. "Kann ich Ihnen helfen?" Diesen Satz kennt jeder. "Und es ist eigentlich ein schöner Satz", meint Oliver Becker, "aber wer will ihn noch hören?" Nun, Oliver Becker jedenfalls nicht. Der selbstständige Tourismusberater ist auf Einladung der Veranstalter des 11. Bitburger Tourismusforums in die Stadthalle der Bierstadt gekommen, um dort die Menschen zu verändern. Vor ihm sitzen rund 140 Zuhörer. Vor allem Touristiker und Kommunalpolitiker. Einzelhändler sind hingegen weniger vertreten. Und das, obwohl auch sie und ihre Mitarbeiter mehr vom Tourismus profitieren, als sie vielleicht annehmen. Allein im Raum Bitburg wurden 2013 annähernd 100 Millionen Euro im Tourismus umgesetzt. "Nicht schlecht", resümiert Manfred Zeiner, Geschäftsführer der DWIF-Consulting GmbH aus München, der diese Zahl präsentiert. Auch er ist auf Einladung der Bitburger Braugruppe sowie der Tourist Information (TI) Bitburger und Speicherer Land in die Stadthalle gekommen. Zeiner konzentriert sich in seinem Vortrag auf die - vor allem vom Einzelhandel - oft unterschätzte Bedeutung der Tagesgäste. Aber auch auf die rund 46 Millionen Euro Einkommen, die im vergangenen Jahr allein im Bitburger Raum durch den Fremdenverkehr erwirtschaftet wurden. Der Volkswissenschaftler beruft sich dabei auf Statistiken und Befragungen. Zeiner ist an diesem Abend der Mann für die Fakten. Sein Vortragsnachfolger Oliver Becker hingegen befasst sich mit dem, was das Statistische Landesamt in Bad Ems nicht erfasst: mit den Erwartungen der Gäste. Und damit, wie man diesen nicht nur gerecht wird, sondern sie bestenfalls auch übertrifft.
Ganz wichtig sei dabei der erste Eindruck, der gerade Mal 0,12 Sekunden in Anspruch nehme, sagt Becker. "Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance", erklärt der Berater, der mit einer an die Leinwand projizierten Sammlung von Bildern, Modellen und Zitaten berühmter Menschen den Rahmen seines lebhaften Vortrags bildet. Er springt über die Bühne und spricht unter anderem von Basis-, Erfahrungs-, Wunsch- und Überraschungsqualitäten eines Tourismusbetriebs. Letztgenannte Qualitäten seien jene, die einen Premiumanbieter ausmachten.Sieben wichtige Fragen


Es gebe (sieben!) wichtige Fragen, die sich jeder Unternehmer stellen müsse, sagt er. Nämlich: Was will ich nicht? Worin sind wir wirklich schwach? Wer sind wir jetzt? Was wollen wir sein? Worin sind wir einzigartig? Für wen wollen wir etwas tun? Und wie wollen wir sein?
"Seien sie schräg! Seien sie mutig!", fordert Becker, als sich sein gut 45-minütiger "Ausflug in das limbische System" langsam dem Ende nähert. Das limbische System ist der Bereich des Gehirns, der für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. In diesen Aufgabenbereich dürfte dann teilweise auch die Verarbeitung des Vortrags fallen. "Haben Sie noch Fragen?", will TI-Geschäftsführerin Maria Arvanitis im Anschluss vom Publikum wissen, "oder sind Sie jetzt völlig geflasht?" Möglicherweise ist Letzteres der Fall. Denn Fragen gibt es keine mehr. Zumindest werden keine gestellt.Extra

 Tourismusberater Oliver Becker erklärt, wie das Verhältnis zwischen Gast und Gastgeber sein muss. TV-Foto: Uwe Hentschel

Tourismusberater Oliver Becker erklärt, wie das Verhältnis zwischen Gast und Gastgeber sein muss. TV-Foto: Uwe Hentschel

Laut Statistischem Landesamt haben im vergangenen Jahr 351 329 Gäste die Vulkaneifel besucht. Gegenüber 2012 (346 723) ist das zwar ein Zuwachs, insgesamt aber ist die Entwicklung seit 2005 (386 288) leicht rückläufig. Das zeigt sich auch an der Zahl der Beherbergungsbetriebe, die von 147 in 2005 auf 130 im Jahr 2013 gesunken ist. Auch die Übernachtungszahlen sind rückläufig. Wurden 1994 noch mehr als 1,8 Millionen Nächte gezählt, so waren es 2013 knapp 1,4 Millionen. Im Schnitt übernachtet jeder Gast rund viermal in der Vulkaneifel. Im landesweiten Vergleich liegt die Vulkaneifel jedoch über dem Durchschnitt aller Landkreise, sowohl was die Zahl der Gäste und Übernachtungen, als auch die der Beherbergungsbetriebe und Betten (2013: 10745) betrifft. Betriebe mit weniger als zehn Betten (zum Beispiel private Ferienwohnungen oder kleiner Pensionen) werden in der Statistik allerdings nicht berücksichtigt. uhe

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