"So lange Gott es will"

DOCKWEILER. Seit 50 Jahren gibt es die Pension Ungermann an der Dauner Straße in Dockweiler. Am Anfang wurden die Gäste noch mit Hühner- und Schweinefleisch aus dem eigenen Stall versorgt. Ihre Freizeit verbrachten die Touristen beim Federballspielen auf der Bundesstraße. Abends gab es Mandolinenspiel statt Fernsehen.

"Ich weiß gar nicht, wie wir das alles geschafft haben. Um fünf Uhr morgens sind wir aufgestanden, um die Fenster zu putzen, bevor die Gäste zum Frühstück kamen", schwelgt Helga Ungermann in Erinnerungen. Die Pension Ungermann betreibt sie bis heute. Gegründet wurde die Pension im Sommer 1954 von Helga Ungermanns Eltern Margarete und Peter Pesch. Die Töchter Anita und Helga halfen damals mit. Freie Wochenenden gab es nicht. "Wir haben im kleinen Einfamilienhaus mit drei Doppelzimmern angefangen. Das Haus war im Sommer 1954 so voll, dass wir auf den Liegestühlen geschlafen haben", blickt die Pensionswirtin, die vor 30 Jahren die Pension übernahm, zurück. Damals habe die Vollpension sechs Mark gekostet. Als "Verpflegungsbunker" haben die Gäste aus dem Ruhrpott und dem Köln/Bonn/Düsseldorfer-Raum die gute Küche der Mutter bezeichnet. "Egal ob Marmelade, Gemüse aus dem Garten oder selbst eingemachte Wurst - die Städter waren begeistert", erzählt die 65-Jährige. Direkt nach dem Krieg sei es noch in Mode gewesen, mit dem Zug zu reisen. Ungermann: "Mit dem Handkarren haben wir dann das Gepäck vom Bahnhof nach Hause kutschiert." Anders als heute, wo fast nur noch Kurzurlauber und Wochenendgäste kommen, sind die Gäste damals drei Wochen geblieben. Natur und Wandern stand auf dem Programm. "Zur Abwechslung hat mein Vater mit ihnen eine kleine Tour an die Maare oder an die Mosel gemacht", sagt die Wirtin. Apropos Autos. Die Pension liegt an der viel befahrenen Bundesstraße. Mehrere tausend Autos rattern mittlerweile täglich vorbei. "Früher kam eins in der halben Stunde. Da haben die Gäste noch auf der Straße Federball gespielt", sagt Ungermann. Statt Fernsehen standen abends Gespräche und Gesang beim Mandolinenspiel auf dem Unterhaltungsprogramm. Seit 1958 bestehen die Gastgeber auf einen Eintrag ins Gästebuch. Die ersten waren Anni und Ernst Stocks vom Niederrhein am 29. Mai 1958. Heinrich und Gerd Giese aus Köln halten ihre Begeisterung über "die familiäre Atmosphäre in dem exzellent geführten Haus" am 19. September 1958 fest. Bis 1993 folgten 22 weitere Einträge der Stammgäste. 1963 musste Familie Pech anbauen. Stammgäste machen noch heute einen Großteil des Betriebes aus. "Allerdings kamen Anfang der 70er die Gäste mit den Autos und buchten kaum mehr Vollpension", berichtet die 65-Jährige. Heute ist es eine reine Frühstückspension. Zu den Gratulanten beim 50. Jubiläum gehörte auch Bürgermeister Bruno von Landenberg. Er baut auf das touristische Angebot: "Wir brauchen die Pension, weil wir kein Hotel im Ort haben und nur wenige Anbieter von Privatzimmern." Wie lange Helga Ungermann die Pension noch betreibt, überlässt sie dem Schicksal: "So lange Gott es will und ich laufen kann."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort