Spiel mit falschen Karten

Walsdorf · Liegt die beantragte Erweiterung des Walsdorfer Tagebaus in einem Vorranggebiet zur Rohstoffsicherung oder nicht? Dazu haben Antragssteller, Genehmigungsbehörde und Raumplaner ganz unterschiedliche Meinungen. Das Abbau-Unternehmen, die Firma Lava-Stolz, schweigt zu den Ungereimtheiten.

 Unübersehbar: Der Lavasand-Tagebau am Goßberg liegt direkt neben Walsdorf. Die Firma Lava-Stolz will ihre Grube erweitern. Der Walsdorfer Gemeinderat hat sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. TV-Foto: Tobias Senzig

Unübersehbar: Der Lavasand-Tagebau am Goßberg liegt direkt neben Walsdorf. Die Firma Lava-Stolz will ihre Grube erweitern. Der Walsdorfer Gemeinderat hat sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. TV-Foto: Tobias Senzig

Walsdorf. Es herrscht Verwirrung im Hillesheimer Land. Der Grund: die geplante Erweiterung des Lava-Tagebaus am Walsdorfer Goßberg. Im September 2012 hat die Firma Lava-Stolz diese beim Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) beantragt (der TV berichtete).
Seitdem befindet sich das LGB in einem Abwägungsprozess, in dessen Verlauf der Antrag verschiedenen Behörden, Verbänden und Institutionen vorgelegt wird. Diese geben zu dem Vorhaben Stellungnahmen ab.
Verwirrende Antragsunterlagen


Doch in den Antragsunterlagen der Firma Lava-Stolz werden angeblich falsche Behauptungen aufgestellt. Hans-Peter Felten, Sprecher der Dauner Gruppe des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), kritisiert, dass "im wahrsten Sinne des Wortes mit falschen Karten gespielt" wird.
Denn das Planungsbüro SST aus Aachen, das den Erweiterungsantrag für die Firma Lava-Stolz erarbeitet hat, bezeichnet Karten in den Antragsunterlagen als "Ausschnitt aus dem Entwurf des regionalen Raumordnungsplans (ROP)". Und das Gebiet, um das der Steinbruch in Walsdorf erweitert werden soll, ist darin als Vorranggebiet für die Rohstoffsicherung ausgewiesen. Das Problem: "Einen öffentlichen Entwurf des neuen ROP gibt es bislang nicht." Das sagt Thomas Müller, Sprecher der Planungsgemeinschaft Region Trier, dem Gremium, das den ROP erarbeitet.
Im Raumordnungsplan wird die Entwicklung der ganzen Region Trier von Saarburg bis Jünkerath langfristig geplant. Klar umgrenzten Gebieten werden vorrangige Funktionen zugewiesen: zum Beispiel als Erholungsgebiet, als Wasserschutzgebiet - oder eben als Gebiet, in dem Rohstoffe gesichert werden.
"Der ROP hat die Aufgabe, Flächen, unter denen abbauwürdige Rohstoffe lagern, von Nutzungen freizuhalten, die nicht mit einer möglichen Rohstoffgewinnung zu vereinbaren sind", erklärt Müller. Nach wie vor verbindlich sei der letzte ROP aus dem Jahr 1985. Und darin ist das Gebiet in Walsdorf keinesfalls als Vorrangfläche für die Rohstoffsicherung ausgewiesen.
Im Gegenteil: In diesem Plan prangt ein großes L innerhalb der schon damals für den Abbau genehmigten Fläche. Das L steht für Landschaftsschutzgebiet.
"Der Antrag der Firma SST ist eine Beurteilungsgrundlage - und er geht an alle, die in der Sache zu hören sind", sagt Nabu-Sprecher Felten. "Stellen sie sich vor, sie sitzen in einem Gremium und kriegen so eine Karte." Auch das Landesamt für Geologie und Bergbau, jene Behörde also, die schlussendlich über die Genehmigung des Abbaus befindet, hat sich offenbar von dem Antrag beeindrucken lassen. In einer Stellungnahme zum Genehmigungsverfahren erklärt auch das Amt: "Im regionalen Raumordnungsplan ist das Vorhabengebiet als Vorranggebiet Rohstoffsicherung ausgewiesen." Hans-Peter Felten: "Der Nabu sieht es als eine Ungeheuerlichkeit an, dass gerade die für den Gesteinsabbau zuständige Behörde die örtlichen Entscheidungsträger derart falsch informiert."
Auf Nachfrage des TV gesteht das LGB den Irrtum ein: "Es kann sein, dass dem bearbeitenden Mitarbeiter da ein Fehler beim Lesen der Karte unterlaufen ist", sagt Geologiedirektor Thomas Dreher. Allerdings: "Aber ob hier ein Vorranggebiet ist oder nicht, das spielt für unseren Abwägungsprozess überhaupt keine Rolle." Es gebe einen großen Unterschied zwischen Raumplanung und tatsächlicher Abbaugenehmigung. Das sieht Thomas Müller, Sprecher der Planungsgemeinschaft, aber anders: "Antragsbegehren zum Rohstoffabbau haben in den so im ROP gesicherten Flächen gute Erfolgsaussichten."
Weder die Firma Lava-Stolz noch das Planungsbüro SST nahmen trotz Nachfrage des TV zu den Vorkommnissen Stellung.Meinung

Schützenhilfe
Dass in einem offiziellen Antragsdokument zugunsten des Antragstellers falsche Angaben gemacht werden, ist schlimm genug. Aber wenn die zuständige Genehmigungsbehörde auch noch Schützenhilfe gibt, und diese falschen Angaben in offiziellen Dokumenten übernimmt, ist das wirklich befremdlich. Denn betroffene Stellen und Bürger gehen davon aus, dass die Angaben in diesen Dokumenten wahr sind. Schließlich machen sie ihre Entscheidungen davon abhängig. Die Begründung des Amts liest sich wie Realsatire: "Ein Mitarbeiter hat die Karte falsch interpretiert." Wenn die Geologen im Landesamt für Geologie und Bergbau nicht mehr ihre eigenen Rohstoffkarten lesen können, dann ist wirklich Hopfen und Malz verloren. t.senzig@volksfreund.deExtra

Auch die obere Naturschutzbehörde, die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, muss bei der Erstellung des neuen Raumordnungsplans gehört werden. Für den Rohstoffabbau in der Vulkaneifel hat die Behörde eine Stellungnahme verfasst, die sogenannte Landschaftsbildanalyse Vulkaneifel. Darin bewertet die SGD Gebiete, die das Landesamt für Geologie und Bergbau als Vorrang- oder Vorbehaltsflächen vorschlägt, unter den Gesichtspunkten von Natur- und Landschaftsschutz. Der neue Raumordnungsplan, der die fast 30 Jahre alte Vorgängerversion ersetzen soll, ist derzeit in Arbeit. Im Sommer soll ein erster Entwurf öffentlich beraten werden. In 28 Tagebauen wird derzeit in der Vulkaneifel Abbau betrieben. Der Größte Steinbruch ist in Strohn: Die Grube am Wartgesberg ist 31 Hektar groß. sen

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