Strenge Sitten auf schwarzem Grund

GEROLSTEIN. Auf den Tag genau am Sonntag, 22. August, wird das Gerolsteiner Freibad 50 Jahre alt. Und das wird gefeiert. Erst danach wird wieder an den geplanten, umfangreichen Umbau der Freizeitstätte gedacht.

Karl Seidel, Leiter der Verbandsgemeindewerke Gerolstein, die das Schwimmbad betreiben, blättert in einem der vielen Aktenordner über das Bad und wird fündig. Er zieht einen Artikel aus der Trierischen Landeszeitung vom 7./8. August 1954 hervor und liest vor: "Bei praller Sommersonne - also im rechten Augenblick - sorgte in Gerolstein Stadtbürgermeister Serwas dafür, dass sich im neuerbauten Mineralbad die Wasserrohre öffneten. Zunächst gab es für die Kleinen im Planschbecken ein Probebad. Aber inzwischen hat sich das Schwimmbassin bereits gefüllt, so dass den Freunden des Wassersports am heutigen Wochenende ein labender Sprung in die Fluten geboten werden kann. Das Bild vermittelt einen Überblick über das Bad mit seinem romantischen Hintergrund. Stadtbürgermeister Serwas sowie Mitglieder des Stadtrates und der Amtsverwaltung freuen sich am ersten Wasserstrahl beim Füllen des Bades. Eine offizielle Eröffnungsfeier des Mineralbades wird am 22. August stattfinden." Das weitere Aktenstudium bestätigt seine eigenen Erinnerungen. Seidel sagt: "Ja, Sie haben richtig gehört. Das Gerolsteiner Freibad war ein Mineralbad, gespeist mit Mineralwasser des Hansa-Brunnens. Mineralwasser war ja genügend in Gerolstein da." Erst mit dem Einbau der Kiesfilteranlage 1965, die noch heute in Betrieb ist, wurden die Becken nicht mehr mit Mineralwasser gefüllt. 1973 ging das Hallenbad in Betrieb, und die großzügige Freibad-Umkleide fiel weg. 1977 wurden die zunächst schwarz angemalten Becken des Freibads mit blauer Folie ausgekleidet, und 1995 wurde dann Umkleidebereich erneuert. Trotz der Veränderungen: Das Wiedererkennen war stets gewährleistet, da sich am ursprünglichen Zuschnitt des Bads, dessen Bau rund 240 000 Mark gekostet hat, nichts geändert hat.Nur undurchsichtig und farbecht ins Wasser

Dafür aber die Preise. So betrug der Eintrittspreis 1954 für Erwachsene 50 Pfennig, für Jugendliche 30 Pfennig. Und die Sitten - wie ein Blick in die Badeordnung vom 1. Juni 1954 beweist. Dort heißt es unter anderem: "Für die Badegäste ist der Badeanzug vorgeschrieben, für männliche, nach Wahl, auch die so genannte Sporthose mit Beinansatz. Die Bekleidung muss farbecht und undurchsichtig sein." Und für Zucht und Ordnung war ebenfalls gesorgt - im Artikel "Baden nach getrennten Geschlechtern" Dem war zu entnehmen: "Gemäß Beschluss des Hauptausschusses wird die Badezeit nach getrennten Geschlechtern wie folgt festgesetzt. Frauen: Donnerstag 15 bis 17 Uhr, Männer: Donnerstag 17 bis 19 Uhr." Dass die strikten Regeln eingehalten wurden, dafür sorgte ab 1957 für mehr als drei Jahrzehnte Bademeister Herbert Timmermann - anfangs alleine, später mit Unterstützung durch seine Frau Marlene.

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