Über "Grauzonen" spricht die Bank nicht

Daun · Offenbar war das Geschäftsgebaren von Dieter Grau der Bank zu riskant. Drei Jahre nach dem Zoff um die Entlassung des Vorstandschefs zeichnet sich ab, was die Kreissparkasse Vulkaneifel zu diesem Schritt bewogen haben könnte. Am Mittwochabend hat der Vorstand erklärt, wie sich das Institut neu ausrichtet. Entgegen anderslautender Gerüchte sei keine Fusion geplant.

 Neue Optik, neue Ausrichtung: Innen wie außen wird an der Umgestaltung der Kreissparkasse Vulkaneifel gearbeitet. TV-Foto: Stephan Sartoris

Neue Optik, neue Ausrichtung: Innen wie außen wird an der Umgestaltung der Kreissparkasse Vulkaneifel gearbeitet. TV-Foto: Stephan Sartoris

Daun. Schon so mancher Thriller wurde über das geschrieben, was hinter den Kulissen einer Bank geschieht. Und mag die Kreissparkasse (KSK) Vulkaneifel auch im beschaulichen Daun stehen - das, was dieses Geldinstitut bewegt, ist der Stoff, aus dem Thriller gemacht werden: verletzte Gefühle, Intrigen, eine Einbruchserie, finanzielle Interessen und ein politisches Pokerspiel."Der Bank geht es sehr gut"


Es ist kurz vor Weihnachten 2011, da beschließt der Verwaltungsrat der Kreissparkasse, Vorstandschef Dieter Grau vor die Türe zu setzen. Ohne Vorwarnung. Ohne Begründung. Nach mehr als 20 Jahren, die er an der Spitze des Geldinstituts verbracht hat. Und die Frage ist: warum?
Warum entlässt man einen Mann, der für die KSK Vulkaneifel Gewinne erzielt hat, die (Grau zufolge) rund 50 Prozent höher waren als der Durchschnittsgewinn der rheinland-pfälzischen Sparkassen? Einen Mann, unter dessen Leitung die KSK ihre Kundeneinlagen, die Kreditsumme und das Eigenkapital deutlich steigern konnte?
Fragen, auf die es jahrelang keine Antworten gibt. Stattdessen kommt es zu heftigen politischen Auseinandersetzungen, in deren Rahmen Landrat Heinz Onnertz vom Posten des Verwaltungsratsvorsitzenden zurücktritt.
Während die Bank - die Dietmar Pitzen als neuen Chef und Landrat Heinz-Peter Thiel als neuen Verwaltungsratsvorsitzenden bekommt - weiter schweigt, schreibt Grau Briefe. Er schreibt an die Bank, den Landrat, das Wirtschaftsministerium und an die Presse. Briefe, die der Bank schaden könnten.
Grau schreibt, er habe gehört, dass die KSK keine Kredite mehr vergebe, im Kreditgeschäft Schieflagen habe, ein Sanierungsfall sei und kurz vor der Fusion stehe.
Als neuer Vorstand sei Winfried Gassen eingestellt worden. Ob Grau die Bank nun aus Rache in ein schlechtes Licht rücken will oder etwas anderes dahintersteckt - an dieser Stelle wird das Ganze auch politisch spannend. Und zwar über die Grenzen des Vulkaneifelkreises hinaus.
Die Gerüchte, die aus der Vulkaneifel durchdringen, beunruhigen die Gemüter vor allem im Eifelkreis Bitburg-Prüm.
Besagter Gassen (der trotz seines Rentenalters tatsächlich für die KSK Vulkaneifel aktiv ist) war nämlich derjenige, der 2003 als Chef der KSK Bernkastel-Wittlich die Fusion mit der schwer angeschlagenen KSK Cochem-Zell einfädelte. Nun fürchtet man im Eifelkreis, dass Gassen erneut eine Fusion Richtung Wittlich vorbereiten könnte. Und wenn die Vulkaneifel für die KSK Bitburg-Prüm nicht mehr zur Verfügung stünde, bliebe den Bitburg-Prümern nur noch die Sparkasse Trier übrig. Dann wären sie nicht nur der kleinere Partner, dann wäre auch bereits zu erahnen, in welche Richtung sich die Kreisgrenzen eines Tages verschieben…
Aber ist denn überhaupt eine Fusion geplant? "Nein. Das ist totaler Unsinn", sagt Pitzen bei einer Pressekonferenz, zu der die KSK Vulkaneifel auch geladen hat, um mit solchen Gerüchten aufzuräumen. Der Bank gehe es sehr gut (siehe Text unten). Gassen sei lediglich da, um das "Modell K" ein neues System zur Vergabe von Krediten einzuführen, sagt Pitzen. Ein System, das die Kreditvergabe beschleunigen und auch online ermöglichen soll.
Zwar wollen sich die Bankchefs trotz des Gifts, das Grau in seinen Briefen verspritzt, immer noch nicht zu den Gründen für seine Entlassung äußern. Dennoch wird das Bild klarer. Nach TV-Informationen war Graus Kurs der Bank zu gefährlich: Er erzielte hohen Gewinn, ging aber offenbar auch hohe Risiken ein. Etwas mehr als ein Jahr, bevor Grau gehen musste, machte die Bank beim Verkauf von Lehman-Papieren 1,422 Millionen Euro Verlust.
Und das Kreditgeschäft? Ist Grau auch da Risiken eingegangen, um hohe Zinsen kassieren zu können? Und ist dies womöglich der wahre Grund für das neue Vergabemodell? "Wir wollen uns an Grauzonenspekulationen nicht beteiligen", sagte Thiel. Die Bank sei stolz darauf, dass sie im Vergleich zu anderen ein so intensives Kundenkreditgeschäft habe. Bei 550 Millionen Euro Einlagen hat die KSK Kredite in Höhe von 627 Millionen Euro vergeben - was ungewöhnlich viel ist. "Das gefällt uns. Es zeigt, wir geben das Geld in die Region", sagt Thiel. Zur Höhe der Kreditausfälle wollten Thiel und Pitzen sich nicht äußern. Grau war nicht zu erreichen. Offenbar versucht die Bank, mit dem Kapitel Grau abzuschließen. Das heißt jedoch nicht, dass der Thriller damit zu Ende ist.Extra

2007 war die Fusion der KSK Bitburg-Prüm mit der Sparkasse Trier so gut wie besiegelt. Doch dann kehrte Trier der Flugplatz Bitburg GmbH den Rücken. Aufsichtsratsvorsitzender Michael Billen (CDU) war sauer und stellte im Kreistag Bitburg-Prüm den Antrag, stattdessen mit der KSK Daun zu verhandeln. Zwar gab es in der Vulkaneifel heftigen Widerstand - mehr als 10 000 Bürger sprachen sich dagegen aus. Dennoch beschlossen die Kreistage im Juni 2008 die Fusion. Nur einen Monat später machte der Kreistag Vulkaneifel einen Rückzieher. kah

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