Vorbild Tirol

GEROLSTEIN. (ako) Premiere für die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier: Zum ersten Mal wurde ein Wirtschaftstreffen zusammen mit den Kammern in Aachen und Koblenz gestaltet. Der Grund: Die Eifel wächst zunehmend über Grenzen hinaus zusammen.

Die Eifel macht Grenzüberschreitungen notwendig, auch bei den Industrie- und Handelskammern - vor allem, wenn es um Tourismus geht. Das Rondell in Gerolstein war gut besetzt mit Hotelliers und Gastronomen, Touristikern und Bürgermeistern aus drei Kammerbezirken, die mehr wissen wollten über die Chancen, die in der Vernetzung von regionalen Marketinginitiativen liegen. Dass ein gut ausgebauter Fremdenverkehr nicht nur imposante Zahlen und Geld zu Tage fördert, machte Axel Simon, Vizepräsident der IHK, in seiner Rede deutlich: "Der Tourismus ist ein bedeutender Image- und Standortfaktor. Er verbessert die Lebensqualität, schafft Freizeitangebote und Infrastruktur sowohl für Gäste als auch für Einheimische."Keine Erfahrung in der Regionen-Marketing

In Zahlen bedeutet der Tourismus für die Region eine Wertschöpfung von 427 Millionen Euro, einen Anteil am Volkseinkommen von 4,6 Prozent und ein Potenzial von mehr als 27 700 Vollzeitarbeitsplätzen. Simon lobte die Verantwortlichen: "Die Tourismusakteure in der Eifel haben es verstanden, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stärker zusammenzurücken und neue Netzwerke zu bilden." Dieter Popp von der Beratungsfirma "futour", die für die Umsetzung des Förderprogramms "Regionen aktiv" zuständig ist, zeigte sich genauso angetan vom "wilden Westen": Die Eifel sei sehr viel weiter in ihrer Marketingentwicklung als andere deutsche Landschaften, was unter anderem dadurch belegt werde, dass die Gründung einer analogen Dachmarke "Harz" soeben gescheitert sei. Nirgendwo in Deutschland gebe es schon Erfahrungen mit dem Marketing einer ganzen Region. In der Eifel jedoch bastelt man fleißig und unbeirrt am Claim "Eifel - Qualität ist unsere Natur", mit dem Dienstleistungen und Produkte teilweise schon jetzt und zukünftig mit einer breiteren Angebotspalette in die weite Welt hinaus beworben werden. Vorbilder sind Tirol oder die Toskana, und Popp zeigte sich siegessicher, dass eine ähnlich starke und Identität stiftende Marke auch für die Eifel geschaffen werden kann.Auf der Suche nach dem richtigen Gefühl

Allerdings gehe es nicht ohne Emotionen. "Wir brauchen Schlüsselsignale wie ‚Bitte ein Bit' und keine Terminologie der Langeweile wie ‚gemütliches Beisammensein' oder ‚gutbürgerliche Küche'", setzte Popp deutliche Akzente. Originalität ist in diesem Markt wichtig - schließlich gehe es um die Erlebniserwartung und nicht um die Dienstleistungserwartung. Das gilt vom komfortablen Bett, in das der Gast nach einem wohligen Ferientag fällt, bis zur krossen Bratwurst, die er bei der Dorfkirmes konsumiert. Ziel ist, rund 50 gut platzierte und unverwechselbare Produkte vom "Eifel-Schmaus" bis hin zu den Eifel-Premium-Bränden zu kreieren, die zusätzlich zu den üblichen Bio- oder QS-Zertifizierungen das Besondere am Guten der Eifel transportieren und über verschiedene Kanäle bis hin zum Internetshop vertrieben werden. In zehn Jahren werde sich das Preisverhalten im Fremdenverkehr ausdifferenziert haben, dann sei nur noch entweder sehr hochwertig oder sehr preisgünstig gefragt. "Das mittlere Preis- und Qualitätssegment wird wegbrechen", so Popp. Da spätestens 2006 mit der EU-Osterweiterung nicht nur Märkte, sondern auch Förderungen einbrechen werden, gelte es, sich auf das eigene vorhandene Potenzial zu besinnen und die Einzigartigkeit der Eifel unmissverständlich herauszustellen. Das geht nicht ohne entsprechendes Selbstbewusstsein der in der Region lebenden Menschen und nicht ohne Kooperationen: "Ihre Konkurrenten", gab Popp den Dienstleistern und Lokalpolitikern mit auf den Weg, "sitzen ganz woanders." Und eine regionale Trink- und Esskultur, die nicht nur den Touristen, sondern auch den Eifelern selbst Genuss bereitet, sei im Alleingang nicht zu vermitteln.

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