Weit entfernt von schnellem Internet - Auszubildender aus Daun wendet sich an die Ministerpräsidentin

Daun · Datenautobahnen sind in den wenigsten der acht Dauner Stadtteile zu finden, dazu gehört auch Steinborn. Was das auch für jüngere Leute bedeutet, hat Kevin Schmitt in einem Schreiben an Malu Dreyer erläutert. Der 22-Jährige hofft auf Unterstützung aus Mainz.

Daun. Da hat Kevin Schmitt genau hingehört, als von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ein Ziel in Sachen Internetversorgung ausgegeben worden ist: Bis 2018 sollen im kompletten Land Übertragungsraten von 50 Megabit (die Maßeinheit gibt an, welche Datenmenge pro Sekunde übertragen werden kann) verfügbar sein.
Große Bedeutung


Kevin Schmitt ist 22 Jahre alt, wohnt im Dauner Stadtteil Steinborn, macht derzeit eine Ausbildung zum Informatik-Kaufmann und will 2015 ein Wirtschaftsinformatik-Studium beginnen. Also jemand vom Fach, der um die Bedeutung von schnellem Internet vor allem auch auf dem Land weiß. Deshalb hat er einen Brief an die Ministerpräsidentin geschrieben und darin seine persönliche Situation geschildert. "In unserem Stadtteil haben wir eine Internet-Bandbreite von meist unter einem Megabit, wenn überhaupt zwei Megabit", schreibt der Auszubildende. Was bedeutet: Von einer Datenautobahn ist er daheim weit entfernt.
Was im Hause Schmitt schon mal zu Komplikationen führen kann. Die Eltern nutzen das Internet, der jüngere Bruder braucht es für die Schule, es kommt also häufig vor, dass vier Personen an der Ein-Megabit-Leitung hängen: "Es ist leicht auszurechnen, dass die Bandbreite in einem solchen Fall nicht ausreicht", sagt Schmitt.
Und der Bedarf wird noch wachsen, denn er will sein Studium an der Fernuniversität Hagen absolvieren. Mit Lerninhalten und Aufgaben, die fast ausschließlich online zu bewältigen sind. Aber dass sich die Situation in Steinborn auf die Schnelle verbessert, ist nicht zu erwarten, denn derzeit ist das 400-Einwohner-Dorf nach aktueller Definition "versorgt", der Ort verfügt also nach einem vom Land in Auftrag gegebenen TÜV-Gutachten über zwei Megabit (siehe Extra). Was der Steinborner Ortsvorsteher Hermann Gehrmann bezweifelt: Das Dorf sei keineswegs "versorgt", teilweise seien nur wenige Hundert Bit verfügbar, hatte er in einer Stadtratssitzung moniert.
Aber das Gutachten ist Maßstab dafür, ob eine Gemeinde Aussicht auf eine Förderung beim Breitbandausbau hat. Ist sie "versorgt", braucht sie erst gar keinen Antrag zu stellen."Nicht akzeptabel"


Auch Kevin Schmitt ärgert sich darüber: "Meiner Meinung nach verlangsamt dieses ominöse Gutachten einen realistischen Ausbau auf dem Land. Das kann man doch so nicht akzeptieren!" So blieben Dörfer auf der Strecke und der demografische Wandel schreite weiter voran. "Denn auch eine unzureichende Breitbandverbindung ist ein Faktor, der die Jugend davon abhält, in den Dörfern und somit zu Hause zu bleiben. Ich will nicht sagen, dass das der einzige Grund ist, aber er trägt maßgeblich, vielleicht auch wesentlich dazu bei."
Seine Bitte an die Ministerpräsidentin: "Alle Haushalte, die deutlich unter 16 Megabit liegen, mit einer höheren politischen und praktischen Priorität auszustatten. Vielleicht können Sie mir und allen anderen helfen, endlich den Breitbandausbau auch für Steinborn recht zeitnah in die Wege zu leiten."
Eine Antwort aus Mainz hat er noch nicht bekommen, und wenn eine kommt, erwartet Schmitt auch keine konkreten Zusagen. "Trotzdem habe ich es für angebracht gehalten, auf diesem Weg die Situation in meinem Heimatort zu erläutern. Eine Situation, in der sicher auch viele junge Leute im Land sind", sagt der 22-Jährige.Meinung

Mehr Flexibilität, bitte!
Dass das Land ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, um den Ist-Zustand in Sachen Internetversorgung zu ermitteln, war nötig. Unnötig ist hingegen, dass die Expertise zum Bremsklotz wird für Gemeinden, die offiziell als ausreichend versorgt gelten, in der Realität aber nur teilweise auf zwei Megabit Internet-Geschwindigkeit kommen. Ein Wert, der streng genommen schon heute nichts mehr zu tun hat mit einem ausreichenden Tempo für Anwendungen mit immer größer werdenden Datenmengen. Muss man sich wirklich sklavisch an das Gutachten halten? Wenn ja, hemmt es die Entwicklungsmöglichkeiten für solche Orte, die angesichts ihrer Finanzlage auf eine Förderung sind. Genau hinschauen und dann entscheiden statt pauschaler Einstufung: Das sollte der richtige Weg sein. s.sartoris@volksfreund.de

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