Wenn’s um Minuten geht

ADENAU. (um) Es dauert in Deutschland durchschnittlich zwischen acht und zehn Minuten, bis ein Notarzt vor Ort seiner Aufgabe nachkommt – Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können. Doch das angestrebte flächendeckende Netz von einsetzbaren Notärzten weist Lücken auf, warnt Karl-Heinz Groß, Leiter der für den Kreis Ahrweiler zuständigen Rettungsleitstelle Mayen.

In der Verbandsgemeinde Adenau mangelt es an Notärzten für den Ernstfall. Im Zuständigkeitsbereich des St.-Josef-Krankenhauses Adenau ist durchschnittlich zwischen einem Drittel und der Hälfte der Zeit kein Notarzt vor Ort. Das bestätigt der Leiter der Rettungsleitstelle Mayen, Karl-Heinz Groß. Adenau ist kein Einzelfall. Mittlerweile sind landesweit zahlreiche kleinere Krankenhäuser aufgrund von Personalmangel nicht in der Lage, jeden Tag, rund um die Uhr, einen über den "Fachkundenachweis Rettungsdienst" verfügenden Notarzt zur Verfügung zu stellen. Die Hintergründe erläutert Hans-Josef Goldbach, chirurgischer Oberarzt des Adenauer Krankenhauses: "Kleine Kliniken wie das St.-Josef-Krankenhaus sind nicht in der Lage, die neue und verschärfte Ausbildungsverordnung für angehende Notärzte umzusetzen." So sei die hohe Zahl an erforderlichen Reanimationen (Wiederbelebungen) sowie Intubationen oder auch die erforderliche Einsatzfrequenz nicht zu leisten, weiß Goldbach, der selbst einer von insgesamt vier dem Adenauer Krankenhaus zur Verfügung stehenden Notärzten ist. Hinzu kommt: Steht der einsetzbare Kollege im OP oder hat er Nachtdienst, kann er nicht einfach weg. "Ist das der Fall, springen Kollegen aus Wittlich oder Koblenz ein, die in der Regel innerhalb von 15 Minuten per Hubschrauber am Unfallort eintreffen", erklärt Groß. Doch nicht selten fährt zunächst nur die Rettungswagenbesatzung mit Rettungssanitäter und/oder -assistent hinaus, wenn ein Notruf in der Einsatzzentrale eingeht. Je nach deren Beurteilung der Lage wird ein Notarzt nachgeschickt. "Dies ist nicht der Idealfall, aber durchaus machbar und praktikabel", meint Groß. Kritisch wird es allerdings, wenn ein Hubschraubereinsatz aufgrund von Dunkelheit, Eis, Schnee, Nebel oder Sturm nicht erfolgen kann und der Arzt somit keine Möglichkeit hat, schnell zum Unfallort zu gelangen. Hier sind die Rettungssanitäter und -assistenten zunächst auf sich selbst gestellt. "Von fachlicher Seite her sind diese Leute hervorragend ausgebildet und durchaus in der Lage, zur Not auch Handgriffe des Notarztes zu übernehmen und somit Leben zu retten", ist der Leiter der Rettungsleitstelle in Mayen überzeugt. Doch von Rechts wegen überschreitet dies stellenweise ihre Kompetenz. Nicht selten ein Dilemma für die zwar helfen könnenden, aber nicht unbedingt helfen dürfenden Fachkräfte.Zur Not ein Treffen auf halber Strecke

"Kann nun der angeforderte Notarzt aufgrund der Wetterbedingungen nicht zum Unfallort gelangen, gibt es in der Tat ein Problem", gibt Groß unumwunden zu. Je nach Lage und Art des Unfalls versucht die Leitstelle, anderweitige Lösungen zu finden. "So bemühen wir uns beispielsweise, in der Nähe des Unfallortes wohnende niedergelassene Kollegen zu erreichen - die aber natürlich erstens auch nicht immer verfügbar und zweitens auch nicht unbedingt einsetzbar sind, denn auch sie besitzen nicht den entsprechenden Fachnachweis." So muss die Rettungswagenbesatzung den Patienten zur Not erstmal zum nächsten Krankenhaus bringen oder sich auf halber Strecke mit dem Kollegen aus Bad Neuenahr treffen. Hier ist der Notarzt-Einsatzplan durch Kollegen vor Ort noch abgedeckt, bevor dem Unfallopfer unverzüglich geholfen werden kann. Groß: "Ein Zustand, der so aber eigentlich nicht tragbar ist."

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