"Wer den Rasbach überlebt, überlebt alles"

GEROLSTEIN. Unheil vor Weihnachten gerade noch abgewendet: Weil der Vermieter nicht gezahlt hatte, sollte das Gas abgedreht werden. 304 Menschen in der Wohnsiedlung "Am Rasbach" hätten im Kalten gesessen, aber der Vermieter zahlte dann doch noch. Die Mieter plagen derweil weitere Probleme in der "extrem vernachlässigten Wohnsiedlung".

"Hier gibt es täglich böse Überraschungen. Wer den Rasbach überlebt, überlebt alles", wettert Rudolf Niesen. Er wohnt seit 20 Jahren mit Ehefrau Renate in der ehemaligen Bundeswehr-Siedlung, die in den 60er Jahren gebaut wurde. Seit die Koblenzer Wohnungsbaugesellschaft Genevriere/Staudt Immobilien vor drei Jahren die Siedlung übernahm, "geht es im Sturzflug nach unten", sagt Niesen. Vorige Woche schockte ein Aushang des Gasversorgers die Mieter. Am 13. Dezember würde um 11 Uhr das Gas abgedreht. "Wir hatten unheimliche Angst, plötzlich im Kalten zu sitzen", erinnern sich Karl und Elfriede Marszalek. Georg Grahn sagt: "Es war ein richtiger Schock." Auf den letzten Drücker bezahlte der Vermieter."Die Miete sollte wohl in dunkle Kanäle fließen"

Geschäftsführer Karl-Dieter Staudt wiegelt ab: "Das hatte banktechnische Gründe, dass die Zahlung erst am 12. Dezember einging." Die Mieter wollen und können ihm nicht so recht glauben. Im Oktober war es Genevriere-Mietern in Daun ähnlich ergangen. Da kam die Heizöllieferung erst, nachdem der Tank schon einige Tage lang leer war (der TV berichtete). Die meisten Gerolsteiner Mieter haben ihre November-Miete auf ein neues Konto und die Dezember-Miete wieder auf das ehemalige Konto überweisen müssen. Eine ältere Mieterin vermutet: "Der Firma steht kurz vor dem Aus. Da sollte wohl Geld in dunkle Kanäle fließen." Ein 76-jähriger Mieter erzählt: "Alles musste ganz schnell gehen, uns blieben nur wenige Tage, um die Konten zu ändern." Staudt dementiert jegliche "Konten-Schieberei": "Die Firma läuft gut. Wir wollten weg vom Lastschriftverfahren, weil es oft zu Rückbuchungen wegen mangelnder Deckung kam. Wir wussten nie, ob die Miete bezahlt war oder nicht. Aber die Mieter haben das blockiert." Marszalek und Niesen korrespondieren nur noch über den Mieterverein Trier mit Staudt, wo auch die Dauner Missstände hinlänglich bekannt sind, mit Staudt. Außerdem haben die Mieter erfahren, dass Staudt auch mit großen Summen bei den Verbandsgemeindewerken in der Kreide steht. Niesen hat sich im Rathaus informiert. Er sagt: "Uns wurde versprochen, dass eine Einwohnerversammlung einberufen wird, bevor das Wasser abgedreht wird." Das gesamte Areal der 130 Wohneinheiten, Am Rasbach 1 bis 38, gehört der Wohnungsbaugesellschaft. Die Straßen und der Kinderspielplatz unterliegen deshalb nicht der Obhut der öffentlichen Hand. "Schlaglöcher von 15 Zentimetern Tiefe sind hier keine Seltenheit. Rad- und Rollerfahrer sowie Fußgänger leben bei Dunkelheit hier gefährlich, weil es ja auch nur eine jämmerliche Beleuchtung gibt", monieren Marszaleks. Auf dem Kinderspielplatz lauern weitere Gefahren. Wo ehemals eine Schaukel stand, ragt nur noch die Metallkonstruktion aus dem Boden. Ratten, Füchse und Ungeziefer an den Müllcontainern sorgen für weiteren Unmut. Karl Marszalek: "Wenn man abends Müll raus bringt, muss man einen Besen mitnehmen, um die Ratten zu verscheuchen." Niesen erklärt die überquellenden Mülltonnen mit seinen Beobachtungen: "Da kommen Fremde und laden ihren Müll aus. Es hat sich herumgesprochen, dass am Rasbach alles erlaubt ist. Die Siedlung ist in Verruf gekommen." Vermieter Staudt schiebt den Schwarzen Peter zurück. Er sagt: "Wir haben Mieter, die den Müll nicht ordentlich trennen. Da kommen Essensreste in den Restmüll. Das lockt die Ratten an." Jedoch sind die Mieter mit ihren Beschwerden noch nicht am En- de: Dachrinnen, verdreckte Kellereingänge, schimmelige Wohnungen und mehr. Grahn resümiert: "Die Mieter und die Häuser werden ausgeplündert. Notwendige Reparaturen werden nicht mehr erledigt." Niesen ergänzt: "Das hier ist an Verantwortungslosigkeit nicht mehr zu überbieten." Der Ärger würde mittlerweile die Gesundheit belasten. Das Ehepaar Niesen plant den raschen Auszug.

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