Wir-Gefühl am Waschbrett

WIESBAUM. Viele Besucher, gute Atmosphäre, ein breites Angebot und tolles Wetter: Besonders der dörfliche Strukturwandel und das "Wir-Gefühl" zwischen jung und alt beeindruckten bei der 1200-Jahr-Feier in Wiesbaum.

42 Jahre war Werner Marzi nicht mehr in Wiesbaum. Der ehemalige Volksschullehrer im Ort (von 1957 bis 1962) arbeitet heute am Institut für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz. Gemeinsam mit Ehefrau Hiltrud kam er zur dreitägigen 1200-Jahr-Feier an seiner ehemaligen "Wirkungsstätte". Marzi: "Als wir weg gingen, war Wiesbaum ein typisches Eifeldorf mit offenen Straßen und Misthaufen vor jedem Haus. Der Strukturwandel mit Neubaugebiet und Gewerbepark ist überwältigend."Seine Ehefrau verbindet mit Wiesbaum die Gründung ihrer Familie. Zwei Söhne wurden dort geboren. Die Ethnologin stellte das Miteinander als Fazit in den Vordergrund: "Überall ist das vorbildhafte Wir-Gefühl zu spüren. Außerdem gibt es keine Vergreisung. Die Jugend ist sehr aktiv."Von vielen Besuchern wird die 17-jährige Elli Pinn gelobt. Sie hat das zehn Quadratmeter große Bühnenbild im Festsaal entworfen. Pinn: "Nur eine alte Postkarte zu kopieren, war mir zu wenig. Ich wollte die Entwicklung, das ‚Jetzt', darstellen und die Vergangenheit als Fundament." Das Ergebnis: ein farbenfrohes Bild mit einem Menschenreigen ums Dorfwappen in der Mitte, daneben das alte und neue Wiesbaum.Auf dem Bild fehlt auch nicht der Kuckuck als spöttischer Beiname des Dorfs auf der Kirchturmspitze. Dargestellt ist ebenso eine bunte Kuh, die auf der neue Biogasanlage ihr ‚Geschäft‘ erledigt."Toll, wie die Jungen ihre Sichtweise des Dorfs rüberbringen. Das Bild ist klasse", sagte Franz Caspers. Seine Ehefrau Ingrid konnte sich an der historischen Kleidung, die am Heimatabend als Modenschau und während des zweitägigen Markts gezeigt wurde, nicht satt sehen.Theateraufführungen als Publikumsmagnet

Begeistert waren die Besucher vom großen Angebot. "Alle haben zusammen gehalten", lobte Karl-Heinz Schleder. Leben in althergebrachter Weise wurde überall im Dorf gezeigt. Der Bauer, unterwegs mit dem Ochsengespann, suchte sich ebenso den Weg durchs Publikum wie die Klepperjungen. Immer wieder bildeten sich kleine Gruppen, zufällig trafen sich alte Bekannte. Martha Pick wohnt seit 1958 in Köln. "Viele hat man ja Jahre nicht mehr gesehen", sagte die 72-Jährige.Als Publikumsmagnet erwiesen sich die Theateraufführungen der "Wisber Streech". Edith Remer aus Niederbettingen kam schmunzelnd aus dem Innenhof des Bauernhofs, in dem die Bühne stand: "Das war echt super. Vor allem als der Gemeinderat sich fragte, wie wohl die Kuh auf den Baum gekommen ist." Der Hintergrund: Als Versteck hing, so die Überlieferung, der Rat das Geld der Gemeinde in einem "Säckl" in einen Baum. Ein Wandergesell tauschte dann in einem unbeobachteten Moment das Geld gegen getrocknete Kuhfladen. Der Verlust schmerzte den Rat dann scheinbar weniger als die Suche nach einer Antwort.Viele Fragen ergaben sich auch bei den Besuchern der Bilderausstellung in der alten Kirche auf dem Friedhof. "Kennst du den da von den Kommunionkindern?", fragte Gertrud Ränkes in die Runde ihrer Bekannten. Sichtbar vergnügt schaute sich die Gruppe intensiv um. Toni Trierscheid hat etwa 30 Fotos aus seinem Archiv für die Ausstellung zur Verfügung gestellt.Während die Erwachsenen in Erinnerungen schwelgten, tobten sich die Kinder im Wikinger-Lager oder beim Stelzenlaufen aus. Sara Koep und Alica Wilhelm suchten nach Lösungen im Dorfrallye-Quiz. Die sieben Waschfrauen halfen gerne: "Damals wurde mit Kernseife und Waschbrett gewaschen." Als Beweis für ihre perfekte Arbeit flatterten an einer Leine strahlend weiße Bezüge von Paradekissen.Auf einer Wiese am Ortsrand zeigten Landwirte historische Maschinen. Hinter dem Hufschmied schwangen die Drescher rhythmisch die Flegel, um das Korn vom Stroh zu trennen.

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