Wozu in der Ferne reifen?

MAYSCHOSS. Wie prägt Holz aus der Eifel den Geschmack? Diese Frage wollen die Mayschosser Winzergenossen klären. Mit einem bislang nicht da gewesenen Versuch, für den Eichen der Region verwendet werden.

Bislang einmalig ist eine Initiative der Winzergenossenschaft Mayschoß: Spätburgunder von der Ahr soll vielleicht schon mit dem Weinjahrgang 2007 nicht wie bisher nur in französischen oder kanadischen Barriquefässern reifen, sondern auch in Eichenholz aus der Eifel. Für ihre Versuchsanordnung im großen Stil orderten die Genossenschaftler 40 Festmeter Eifeler Eiche. Von 20 Festmetern bleiben etwa zehn Kubikmeter Daubenholz, etwa 0,7 Kubikmeter braucht man für ein 1700-Liter-Fass. Zwei bis drei Jahre trocknet das Holz nach dem Einschlag, bevor es weiterverarbeitet werden kann. Wenn alles gut geht - das heißt, wenn die Sonne zurückkommt -, dann könnte schon der 2007er-Jahrgang der Mayschosser in den neuen Fässern lagern.Dem Terroir eine Note hinzufügen

Längst sprechen Weinexperten nicht nur beim Traubensaft, sondern auch beim Holz vom typischen "Terroir", dem regional charakteristischen Duft und Geschmack, der Herkunft und Entstehung eines Naturprodukts sinnlich erfahrbar werden lässt. So schmeckt Wein aus Trauben, die auf mineralischen Böden gewachsen sind, vollkommen anders als solcher, bei dem sich die Rebe jahrzehntelang aus Lehmböden ernährt hat. Warum sollte das bei einem Baum eigentlich anders sein? "Der Baum nimmt sein Leben lang Nährstoffe auf und gibt sie als Tannine wieder an den Wein ab", erklärt der Ahrweiler Forstamtsleiter Hannsjörg Pohlmeyer. Vorausgesetzt, man macht aus dem Baum ein Weinfass, versteht sich. 240 Jahre benötigt eine Eiche bis zur Fassreife. Das heißt, jeder einzelne Baum muss über sechs Menschengenerationen hinweg gepflegt werden, bis aus ihm Profit zu machen ist. Fassholz ist nach Furnierholz die hochwertigste und einträglichste aller Holzarten. So ist die Rotweinwelle der 90er-Jahre, mit der auch ein Barrique-Boom einherging, nicht nur für den Getränkemarkt, sondern auch für den Holzhandel ein Wirtschaftsfaktor. Nachdem deutsche Eiche lange Zeit zwar für Sargmacher, kaum aber noch für Hersteller von Wohnzimmer-Schrankwänden attraktiv war, sorgen Weinliebhaber jetzt weltweit dafür, dass sich die Pflege von Eichenbeständen wieder lohnt. "Geerntet" wird das Fassholz etwa im Ringener Gemeindewald. Reinhard Schneider aus Rodder macht mit seinem mobilen Sägewerk den Holzeinschnitt da, wo das Material anfällt: mitten im Wald. Nur ein paar Meter weiter ist der Baum, der gerade dran glauben muss, groß geworden. Jetzt soll aus ihm ein Eichenfass zum Ausbau von Ahrwein werden. Weil der Wein sich später nicht verflüchtigen darf, braucht es für den Fassbau dicht und gerade gewachsenes, astfreies Holz. Schneider begutachtet es mit Revierförster Guido Ebach direkt im Wald, beim "Spiegelschnitt". Verarbeitet wird nur Eiche, die dem prüfenden Blick der Fachleute standhält. Im vergangenen Jahr haben die Experten Holz für die Mayschosser Winzergenossen in Königsfeld geschlagen. Minde-stens 42 Fässer aus Eifeleiche fertigt der Küfer Andreas Hoesch aus Hackenheim (Rheinhessen) für sie in den nächsten sieben Jahren. Welche Auswirkung auf den Weingeschmack das heimische Material haben wird, bleibt abzuwarten. "Wir haben noch einige Testläufe im Keller vor uns und lassen uns überraschen", sagt Kellermeisterin Rickert. Sie will verschiedene Weine in hiesigem Holz lagern. Beim Barrique-Ausbau bleibt sie momentan noch der kanadischen Eiche treu.

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