Würdig altern in der Vulkaneifel

Daun/Gerolstein · Vorurteile abbauen, die Jugend begeistern: Das sollen die Aktionstage im Vulkaneifelkreis, in der junge Menschen vom 26. bis 29. Januar einen Einblick in die Altenpflegeberufe erhalten sollen. Sozialexperte Reimer Gronemeyer lobte bei einem Vortrag in Daun die Konzepte in der Region - und forderte weitere Reformen.

Daun/Gerolstein. Reimer Gronemeyer ist kein Anhänger sozialer Netzwerke. "Wer über Facebook Freunde in hoher Stückzahl sammelt, ist ein armes Schwein - und im Alter oft alleine", sagt der Sozialexperte. So gelingt dem Sozialexperten im Forum Daun der Brückenschlag von Jung zu Alt. Denn Freundschaft, Nähe und Verantwortung im echten Leben - das gelte in der Zukunft umso mehr, wenn es in die Rente geht. "Wenn Menschen in unserer Gesellschaft würdig altern sollen, erfordert das ein Umdenken von allen - und eine Abkehr vom Egoismus."
Der 75-Jährige findet deutliche Worte, wo die Pflege steht und hingeht. Der Vortrag von Gronemeyer, dem 200 Zuhörer lauschen, ist der Auftakt zur Aktionswoche im Vulkaneifelkreis. Danach, vom 26. bis 29. Januar, kommen die jungen Leute ins Spiel. Sie erhalten in Kelberg, Daun, Hillesheim und Gerolstein Einblicke in die tägliche Altenpflege - mit ihren Chancen und Nöten (siehe Extra). Der Fachmann sieht viele Probleme, lobt aber Ansätze in der Region. Der TV bietet einen Überblick.
Die Probleme: Gronemeyer orakelt: "2050 werden viele Menschen am Existenzminimum leben und können sich keine vernünftige Wohnung leisten." Was ihm noch Sorge bereitet: "Alt sein ist häufig damit verbunden, allein zu sein." Die Lösung liegt für Gronemeyer auf der Hand. Die Gesellschaft müsse sich neu erfinden. "Wir müssen hilfsbereiter und freundschaftlicher werden." Eine noch wichtigere Bedeutung erhalten für ihn die Pflegeberufe: "Die meisten alten Leute gehen heute erst dann in ein Altersheim, wenn es nicht mehr anders geht und sie krank sind. Das erfordert eine sorgfältige Betreuung."

So wirbt die Pflege: Hermann-Josef Melchiors, Pflegeschulleiter am Krankenhaus in Daun, will beim Nachwuchs die Begeisterung für die Berufe wecken. Er setzt große Hoffnungen in die Aktionswoche. "Sie zielt darauf, dass junge Leute realistische Einblicke in die Lebenswelt älterer Menschen bekommen." Bei der Premiere im vergangenen Jahr erlebte er, wie schnell dabei Vorurteile abgebaut werden. "Eine Schülerin war überrascht, wie viel in einem Altersheim gelacht wird." Andere Teilnehmer hätten sich für ehrenamtliche Arbeit gemeldet. Der Pflegeleiter ist zuversichtlich, dass die Nachfrage steigt - zumal Auszubildende gesucht werden. Für die will er kämpfen. "Es gibt keinen Beruf, der so nah am Menschen ist."

Das leistet die Politik: "Was hier in Gang gebracht wurde, kann ich nur beglückwünschen", sagt Reimer Gronemeyer über den Vulkaneifelkreis. Worte, die Werner Klöckner freuen. Er ist Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Daun. "Wir überlegen seit 2010, wie wir mit dem demografischen Wandel umgehen", sagt er.
Die ersten Erfolge: Die Gründung des Vereins "Bürger für Bürger", bei dem Ehrenamtliche älteren Menschen helfen - ob sie Rasen mähen, im Haushalt unter die Arme greifen, Einkäufe erledigen oder sie zum Arzt fahren. In 25 von 47 Orten der VG gebe es schon einen ehrenamtlichen Seniorenbeauftragten. Dieser soll Freizeitangebote für Rentner entwickeln und helfen, wenn Menschen einsam sind. Die Einwohner von Gillenfeld diskutieren, wie sie das Konzept eines sorgenden Dorfes in die Tat umsetzen können. "Es liegt noch ein weiter Weg vor uns", sagt Klöckner. Doch Gronemeyer macht Mut. "Im Vergleich mit ähnlich situierten Gemeinden ist man hier schon sehr weit."
Extra

Die Aktionswoche zur Altenpflegeausbildung im Vulkaneifelkreis läuft vom 26. bis 29. Januar - mit Angeboten folgender Teilnehmer: Montag, 26. Januar, Kelberg: Regina-Protman-Stift (Veranstaltungsort), ambulantes Pflegeteam Tanja Kracht. Dienstag, 27. Januar, Daun: Seniorenhaus Regina Protmann (Veranstaltungsort), Haus Sonnental, Mogedis ambulanter Pflegedienst, ambulanter Pflegedienst Marion Schneider und Caritas-Sozialstation. Um 15 Uhr: Infoveranstaltung der Agentur für Arbeit mit dem Jobcenter. Mittwoch, 28. Januar, Hillesheim: Katharinenstift (Veranstaltungsort), ambulanter Pflegedienst Maternus. Donnerstag, 29. Januar, Gerolstein: Maternus-Stift am Auberg (Veranstaltungsort), Caritas Sozialstation. Um 15 Uhr: Infoveranstaltung der Agentur für Arbeit. flor Alle Veranstaltungen sind in der Zeit von 9 bis 12 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr.

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